2011
Der Törnbericht ist noch in Vorbereitung. Bitte noch etwas Geduld ...
Vorneweg: Während des Törns haben Achim & Ralf Aufnahmen für einen Film gedreht. Insofern herrscht ein gewisser Mangel an verwertbaren Fotos, das Video gibts erst nach der Saison.
Claudia (v. lks.) kennt sich an Bord schon ganz gut aus, Achim lernt gerade das Segelhandwerk, Henryk ist da schon ein Stück weiter, Lothar gehört zur Stammcrew und ich will unbedingt mal wieder auf die Nordsee. Die Crew kennt sich untereinander nicht, für alle damit beinahe ein „blind date“. Nur der Skipper kennt sie alle, jedenfalls ein bisschen. Rüber zur Nordsee.
Sonntag, 17.07.: Heiligenhafen – Kiel/Holtenau, bzw. Rendsburg
Seewetterbericht: SO um 4, später S-drehend, zeitweise diesig
Nach der Sicherheitseinweisung legen wir um 1015 in Heiligenhafen ab. Die Nordsee kann kommen, nur für die Logge nicht, die will und will einfach nicht mitlaufen. Nicht bei Volldampf voraus oder voll rückwärts, die gesegelten Meilen stehen auch mitten im „Schießgebiet“ noch auf Null, dann springt das Ding endlich an. „Schießgebiet“? Die haben Urlaub und wir segeln in friedlicher Absicht ungestört durch.
Natürlich sind auch noch andere Segler unterwegs. Na klar, zwei Yachten, eine Regatta, Kurs 270o Kiel-Holtenau. Die frisch zusammen gewürfelte Crew hat ihren Spaß, wir kommen gut voran, überholen fleißig, kein Kunststück, alles kleinere Yachten und werden später, auch kein Kunststück, von größeren Yachten wieder kassiert. Beinahe wie im richtigen Leben, die Großen fressen die Kleinen.
Ab "Kalifornien" wird es zunehmend böig, wir reffen zunächst das Groß und wenig später auch die Genua. Je näher wir der Kieler Förde kommen, desto mehr dreht der Wind auch noch auf SW, genau da müssen wir hin. Als wir die Förde einmal gequert haben nehmen wir die Segel vor Schilksee (1600) runter, wenn’s gut läuft, schaffen wir es sogar noch bis Rendsburg
Doch zunächst fährt uns wieder mal ein Riesenkreuzfahrer über den Weg, die MS „Orchestra“ (Werbefoto), 294 m lang, 32 m breit, mit 7,8 m Tiefgang und 2550 Passagieren an Bord, dazu 950 Personen Crew, verrät uns das internet. Für mich eher ein Albtraum.
Weiter geht’s. Vor der alten Schleuse in Kiel-Holtenau müssen wir ca. 30 Minuten warten. Die Crew wird schon ganz ungeduldig, aber dann öffnet die Schleuse und wir rutschen da wenig spektakulär rein, kurz Vor- und Achterleine fest, zum Schleusenmeister hoch, 18 € bezahlt und weiter geht die Fahrt.
Gegenüber der berühmten Knieriemwerft zwingt uns das Signal (drei rote Lichter übereinander) zu einem Stopp. Wenn ein Fahrzeug der Gruppe 6 passieren soll, wird der Gegenverkehr – auch die Sportboote - gestoppt. Wir rutschen rüber zu Knieriem, können dort am Werftsteg festmachen und müssen nicht so lange im Kanal rumdümpeln. Warum sich Henryk mit der Kaimauer anlegt, weiß der Geier, aber die modernen Yoghurtbecher können schon was vertragen. Auch das nächste Schauer.
Weitere Schauer folgen und zwischendrin immer wieder auch schönes Licht und tolle Motive lassen auf einen gelungenen Film der Kanalpassage hoffen. Immerhin erreichen wir um 2130, nach 59 sm, in einem alten Arm der Eider, unser „Nachtquartier“, den Rendsburger Regattaverein. Die Hafenmeisterin bedient uns ausgesprochen zuvorkommend, Brötchen werden bestellt, alles prima.
Montag, 18.07.: Rendsburg - Cuxhaven
Seewetterbericht: S - SW 5 – 6, vorübergehend etwas zunehmend, später abnehmend 4 – 5, Schauerböen, strichweise diesig
Wir haben uns wohl gefühlt beim Regattaverein, gut gefrühstückt und ab 0945 nehmen wir wieder Kurs auf die Nordsee. Immer wieder kräftige Schauer, sodass immer nur ein Rudergänger draußen bleibt. Unterdessen schwächelt der Kartenplotter, das Bild wird immer dünner und streifiger, bis es ganz verschwindet. Nanu, nicht mal zwei Jahre im Dienst? Wir schalten den Plotter zunächst mal ab, im Kanal ist das Gerät ohnehin entbehrlich.
Die Rendsburger Schwebefähre wird gerade saniert und ist in Folie gehüllt
Die Kanalfahrt zieht sich so dahin, es sind schließlich insgesamt 99 Kilometer von Kiel bis Brunsbüttel. Um 1545, wie geplant und genau zum Hochwasser, erreichen wir endlich die Schleuse zu Elbe und Nordsee. Die restlichen Meilen bis Cuxhaven können wir mit dem ablaufenden Wasser segeln, das muss vorher genau getimet werden.
Den job in der Schleuse erledigt die Crew, als hätte sie nie was anderes gemacht. Auf der Elbe haben wir sofort den Wind beinahe von vorn und segeln bei 5 – 6 Bft. mit gerefften Segeln hart an der Windkante. Fallen wir zu sehr ab, rutschen wir ins flache Wasser, kneifen wir zu sehr Höhe sind wir zu langsam. Na gut, einen Kreuzschlag segeln wir ehrenhalber vor Claudias Windrad, dass die Stadt Hannover seinerzeit für das städtische Ferienlager Otterndorf errichten ließ.
Endlich Brunsbüttel, raus aus der Schleuse (lks.) und auf die Elbe. Bald sind wir im Yachthafen von Cuxhaven - rechts.
Um 1915 Uhr stehen wir vor Cuxhaven, bergen die Segel und machen kurz darauf bei der Segler Vereinigung Cuxhaven fest. 30 sm (Gesamt 89) waren wir heute unterwegs und sind beinahe auf der Nordsee! Aber bevor wir morgen sehr früh ablegen, müssen wir noch was einkaufen. Der Hafenmeister empfiehlt Lidl, der soll sozusagen „um die Ecke“ sein, aber von wegen, der ist weder um die Ecke und hat dazu längst geschlossen. Geöffnet hat noch ein Italiener, der uns wenigstens heute Abend mit guter Pizza versorgt. Die geben uns den Tipp, dass real ganz in der Nähe sein soll, also britzen Claudia und Ralf 20 Minuten vor Ladenschluss (2200) vorneweg, um noch den Kühlschrank aufzufüllen. Auf dem Rückweg wird die ganze Crew dann wieder von einem kräftigen Schauer erwischt. Wir sind zwar klitschenass, dafür haben wir wenigstens was zu essen.
Dienstag, 19.07.: Cuxhaven - Helgoland
Seewetterbericht: SW 4
Hochwasser Cuxhaven 0530
0500 aufstehen, ein schnelles Frühstück und dann bleibt auch noch die Tallycard im Automaten stecken, aber wir haben keine Zeit mehr, uns drum zu kümmern. Mist, das Pfandgeld ist weg. Um 0600 raus aus Cuxhaven, beinahe zu spät und dennoch viel zu früh. Einige Yachten sind längst weg. Vorbei an der Kugelbake trägt uns die Elbe bei wenig Wind Richtung Nordsee. Wir hangeln uns an den grünen Tonnen seewärts. Vom Ostufer ist hier nichts mehr zu sehen, dafür haben wir Neuwerk und später Scharhörn an Backbord. Mortimer Griepentrog, der heißt wirklich so, hat für beide Inseln eine wunderschöne homepage gestaltet, schaut mal für Neuwerk unter www.insel-neuwerk.de und für Scharhörn auf www.insel-neuwerk.de/scharhorn.php5. Dann endlich etwas Wind. Mit Vollzeug wollen wir auf die andere Fahrwasserseite rutschen. Hier ist mehr Strömung und von dieser Seite werden wir später auch den Kurs auf Helgoland absetzen. Ein Ponton mit Fundamenten für offshore Windräder wird an uns vorbei geschleppt und ein Frachter fährt so langsam seewärts, dass wir unseren Kurs immer wieder korrigieren müssen, bis wir endlich auf der anderen Fahrwasserseite ankommen. Nach einer Stunde wird der Wind stärker und die See etwas rauer. Klar, Wind gegen Strom. Ich erinnere mich an meinen Törn mit der „Fellow“, die ich letztes Jahr Einhand von Holland bis Brunsbüttel gesegelt bin. Da stand die See hier drei Meter hoch. Wer mal hier nachlesen mag ...
Die Welle klettert schnell auf 1,50 m und bringt unser Boot gut in Bewegung. Wir rollen und stampfen die Elbe abwärts und machen dabei 8,5 Knoten über Grund. Die "Ondo" und die "Fides" fallen mir plötzlich wieder ein, zwei Frachter die Anfang der 1960er bei schwerem Wetter auf den Großen Vogelsand gelaufen waren. Der Mahlsand hat sie nie wieder hergegeben. Neugierig? Weiter die Elbe abwärts. Die Elbe? Ja, das ist hier immer noch die Elbe, ab Tonne 2 (die erste Backbordtonne des Elbfahrwassers) beginnt die Nordsee. 30 Minuten später sind wir da und setzen unseren Kurs auf Helgoland ab. Vor uns liegen ein paar Frachter auf Reede, da müssen wir noch durch. Hier draußen wird die Welle immer länger ... und höher. 2,00 m werden das wohl sein und das wiederum beeindruckt 40 % der Crew ziemlich heftig, is da irgendwer seekrank? Leider ja und der Skipper hat über und unter Deck plötzlich gut zu tun. Aber die Beiden sind ausgesprochen tapfer, vielleicht hilft es ja, dass die Insel langsam in Sicht kommt.
Zunächst als feiner Streifen über der Kimm, dann unverkennbar Helgoland. Also rufe ich laut, „Land in Sicht“, damit die Kranken hören, sie müssen nicht mehr so lange durchhalten. Aber die schlafen inzwischen mehr oder weniger selig. Gut so, denn inzwischen hat es auf 5 Bft. aufgefrischt, die Welle wird noch ein wenig höher, aber auch deutlich länger. Eigentlich ganz angenehm, aber die die übermüdete Crew ist fertig mit der Welt. So was kennste auf der Ostsee nich.
Kurz vor der Insel kommen uns andere Yachten entgegen, die ihrerseits das nun bald auflaufende Wasser für die Rückreise nutzen. Bei Niedrigwasser verlässt immer eine ganze Flotte von Yachten die Insel, doch wir müssen erst einmal festmachen, aber wo? In eins der vielen Päckchen? Erst mal nicht, also gehen wir um 1100, nach genau 30 sm (Gesamt 140 sm) an den Schlengel (B) und machen hier als erste Yacht fest, müssen dafüraber auch eine steile Leiter hoch, um an Land zu kommen. Klar, hier bleiben wir nicht lange allein, wie das Foto links zeigt. Die beiden Kranken haben den Anleger verschlafen und wir lassen sie auch weiterhin in Ruhe.
Der ausgeschlafene Teil der Crew dreht schon mal die obligatorische Runde um die Insel und startet genau hier - Foto unten:
Der Rundweg oben auf der Steilküste wird von Infotafeln begleitet. Interessantes und Spannendes aus der Piraten-, Fischer-, Schmuggler und Lotsenzeit der Insel und natürlich Infos über den "Bigbang", als die Insel 1947 von den Engländern gesprengt werden sollte. Beeindruckend auch tausende Möwen, Trottellummen, Basstölpel, Seeschwalben irgendwie an den steilen Felsen, die wir immer wieder fotografieren und filmen. Nach jedem Foto kommen die Motive noch näher, also halten wir wieder und wieder drauf. Schön, dass das Wetter dabei zunehmend aufklart, so soll das sein. Hier ein paar Fotos:
Die Insel wird durch einen „Gürtel“ aus Stahlbeton geschützt, aber die Erosion kommt nun mal auch von oben.
Das Wahrzeichen von Helgoland, die lange Anna. Sicher auch ein Wahrzeichen, die Basstölpel
Der Blick vom Oberland auf die Düne - links im Hintergrund - und auf’s Unterland rechts.
Unser Inselrundgang hat wohl an die drei Stunden gedauert und als wir den Ort wieder erreichen finden wir unsere Seekranken frisch geduscht, gesund und munter im Panoramacafé wieder. Da setzen wir uns doch gleich dazu, die Pause kommt wie gerufen. Wie schön, die Crew ist wieder vollständig und wohlauf.
Nicht alles auf Helgoland ist so beeindruckend wie der Inselrundgang. Alte Salzbuckel müssen jetzt nicht unbedingt weiter lesen, aber ich finde zunächst den Hafenmeister nicht, den ich im Pavillon des Segelclubs suche … die Gäste dort versichern mir auch, der müsste gleich kommen. Später finde ich das Hafenmeisterbüro an einer ganz anderen Ecke des Hafens. Duschen und Toiletten? Auch die sucht die Crew zunächst ganz woanders. Also, die offiziellen Hafenduschen und Toiletten befinden sich im Kellergeschoss eines Restaurants. Aber die Preise sind so was von happig: Duschen kostet 2,50 €, Waschen 1,50 € und die WC-Nutzung 1,00 €. Ich fasses nich, als müsste man das Wasser mit dem Eselskarren auf die Insel bringen. Natürlich ist da was dran, das Wasser wird mit Tankbooten zur Insel gebracht, aber das Wasser wird auch hoch subventioniert. Nein, so was darf nicht sein.
Blöderweise ist ausgerechnet hier auch noch unser Wassertank leer, aber wir hangeln uns mit Mineralwasser hin, sodass wir auf der Insel nicht tanken müssen. Tanken? Der Diesel kostet hier 1,08 €, in Heiligenhafen dagegen z.Zt. 1,65 €. Okay, damit gleicht’s sich wieder aus. Und wer dann noch hochprozentigen Sprit bunkert, soll aufhören zu meckern. Punkt.
Mittwoch, 20.07.: Helgoland - Spiekeroog
Seewetterbericht: N 3 – 4, NW-Teil anfangs schwach umlaufend
Um 1100 sind wir weg von der Insel und passieren gleich die dicke Heultonne (Osttonne). Wir spüren kaum einen Windhauch, also nehmen wir gleich den Blister zum Groß, aber der fällt sofort wieder ein und wird nach mehreren Trimmversuchen geborgen. Also dann Maschinenfahrt bis zur Tonne Weser 2 (1345), damit wir das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) nicht queren müssen. Bis dahin haben wir jede Menge Großschifffahrt aus der jeweiligen Einbahnrichtung. Bei Weser 2 ändert sich unser Kurs zwar nur geringfügig, aber jetzt können wir endlich wieder segeln. Leider wird es jetzt diesiger, kühler, der Himmel zieht zu. Um 1615 passieren wir kurz vor Hochwasser die Ansteuerungstonne Otzumer Balje, die deutlich weiter westlich liegt als in der Karte und auf dem aktualisierten Plotter (Navionics) angegeben. Dann segeln wir im Fahrwasser über die Sandbänke. Zum Glück haben wir kaum Brandung und können gut an den Tonnen lang segeln. Bei Richtungswechseln wird eben gehalst, alles lässt sich leicht unter Segeln fahren, prima. Einzig der Abzweig zum Hafen stellt uns zum Glück nur vor ein kleines Problem, denn die Betonnung ist hier an einer Stelle missdeutig. Als Henryk vom Ruder 0,4 m Wassertiefe meldet, werde ich nervös, aber gleich darauf 0,5, 0,7, 1,2 m und dann sind wir wieder im Fahrwasser.
Im Fahrwasser bieten ein paar Jollensegler und voraus der Yachthafen des SSC-Spiekeroog einen ruhigen, friedlichen Anblick mit der Insel dahinter. Freie Plätze? Gibt es, aber alle sind leider rot, dann eben doch außen rum, aber den Rückwärtsanleger breche ich bei dem Seitenwind lieber ab, vorwärts sind wir mit Hilfe der Nachbarn schnell auf der sicheren Seite. Sogar ganz sicher, denn auf dem Nachbarschiff werden wir von DREI ausgewachsenen Pudeln bewacht. Wie geht das denn?
Der Inselrundgang wird zu einem erholsamen Spaziergang. Spiekeroog ist schon eine ganz besondere Insel, aber warum will Achim nicht mit? Claudia führt uns jedenfalls in die kulturelle Vielfalt der Insel ein, indem sie über das Künstlerhaus referiert, über dessen Gründer Stolberg und seine Belugapleite und natürlich finden wir passender weise auch noch die Künstlerherberge. Danach gehen wir essen und sind hochzufrieden mit dem Angebot. Den Nachtisch holen wir uns in der Eisdiele „Bunte Kuh“ … hmmmm lecker.
Ein wunderbarer Sundowner schließt diesen Tag ab. Noch dazu liegen alle Yachten mehr oder weniger auf dem Trockenen und auch wir stecken tief im Schlick, "Kalami Star" rührt sich jedenfalls nicht von der Stelle. Das hatten wir noch nie. Und eigentlich will Claudia am liebsten auch hier bleiben, wird doch aktuell eine neue Leiterin der Volkshochschule gesucht. Also, was is, Claudia?
Donnerstag, 21.07.: Spiekeroog - Norderney
Seewetterbericht: N – NW 3 – 4, langsam zunehmend 6
Claudia hat Urlaub, keinen Bock auf eine Bewerbung und kommt doch mit, obwohl wir sie beim frühen Ablegen nicht zu sehen bekommen. Um 0429 haben wir auf Spiekeroog Hochwasser und um 0455 laufen wir mit ablaufendem Wasser aus. Die Crew ist so was von müde, aber als wir die Ansteuerung der Otzumer Balje erreichen geht die Sonne auf.
Da mag sogar die inzwischen aufgewachte Claudia mit Vergnügen steuern – mit der aufgehenden Sonne im Rücken. Der Skipper legt sich unterdessen noch für n Stündchen auf’s Ohr.
Wir segeln tatsächlich einen ganz ruhigen Kurs, passieren Langeoog, segeln an Baltrum vorbei und rutschen dann ins Dovetief, das ist die östliche Einfahrt von Norderney, bzw. Norddeich. Norderney ist übrigens der einzige Hafen, der auch bei Niedrigwasser angelaufen werden kann. Naja, nicht so ganz. Mit 1,80 m Tiefgang kann man sich auch im Hafen nicht mehr so ganz frei bewegen. Noch was, bei viel Welle sollte niemand bei Niedrigwasser über das Dovetief oder das noch gefährlichere Schluchter Fahrwasser nach Norderney gehen.
Um 1000 ist auf Norderney Niedrigwasser und wir müssen im Yachthafen schon sehr aufpassen, damit wir nicht stecken bleiben – Foto unten. Frei Plätze? Keine. Viele Boote liegen bereits im Päckchen, aber passen wir in diese Lücke? Passen wir nicht, passen wir doch und so parken wir sozusagen Stoßstange an Stoßstange zwischen einer Motor- und einer Segelyacht ein. Das Manöver wird erheblich erschwert, weil das Nachbarboot 2,25 m Tiefgang hat und längst im Schlick fest sitzt, während wir noch schwimmen. Aber dann sind wir um 0945 nach 27 sm (199 gesamt) endlich drin. Ausschlafen.
Der Hafenmeister fragt, ob ich schon mal hier war. Ja, letztes Jahr mit der „Fellow“, erwidere ich und dann findet er meine Daten: „Varga aus Hannover?“ „Ja“, sage ich, „aber ich hab jetzt ein anderes Schiff, das heißt „Kalami Star“. „Gut, alles klar“. Warum ich das so stehen lassen habe, weiß ich bis heute nicht.
Zurück an Bord erklärt Achim, dass er schon hier abmustern wird, da wir morgen ja eh nur noch bis Norddeich fahren werden. Eigentlich schade, aber wenn die Familie zeitgleich Urlaub hat durchaus nachvollziehbar. Also bringen wir Achim wenig später zur Fähre und die hinterbliebene Crew macht sich auf den Weg in die Stadt, Leergut loswerden. Edeka auf der Insel nimmt keine Dosen, doch die Wasserflaschen nehmen wir natürlich. Wer denn die Dosen nimmt? Lidl im Centrum ganz bestimmt. Die nehmen die natürlich auch nicht und schicken uns zu Edeka im Centrum. Die wiederum meinen, vielleicht bei Schlecker ..? Verstehe, das ist der Recycling-Kreislauf. Es dauert nicht lange, da landen die Dosen im „Papierkorb“, wer schleppt die Dinger schon gern stundenlang über die Promenade.
Die Stadt Norderney gleicht eigentlich einer großen Fußgängerzone. Natürlich ist es in der Hauptsaison ziemlich voll und auf der Suche nach einem Restaurant landen wir schon ziemlich müde beim Griechen, die brauchen unser aller Unterstützung und nehmen auch gern & viel davon. Norderney erscheint uns sehr teuer. Mit Bömmels Pimmelbahn jedenfalls fahren wir nicht an Bord zurück.
Freitag, 22.07.: Norderney - Norddeich
Seewetterbericht: W - NW 6, Schauerböen
Jan Werner schreibt, Norddeich sollte man wenigstens bei halber Tide anlaufen, also laufen wir bei Hochwasser in Norderney aus, tanken noch kurz (in Norddeich gibt’s keine Tanke) und rutschen schnell rüber nach Norddeich. Kein großartiger Törn, aber „draußen“ weht es mindestens mit 7 Bft. und ein bisschen Welle (und Wind) schwappt immer noch über die Sandbänke.
Am Anfang motoren wir noch, segeln dann aber nur mit dem Groß durch den Tonnenstrich nach Norddeich rein. Das ist in keiner Weise schwierig oder besonders aufregend, aber der Anleger im Hafen dauert denn doch eine ganze Weile, Tüdellütt in den Vorleinen. Egal, um 1215 sind wir nach 7 sm (gesamt 206) fest. Der erste Nordseetörn ist gelaufen.
Und weil um 1440 bereits der Zug fährt, wird schnell noch gegessen, repariert Lothar in sagenhafter Geschwindigkeit den Anschluss für einen Receiver, wird gepackt, ein Gepäckwagen vom Steg organisiert und dann ist die Crew auch schon auf dem Bahnhof gegenüber vom Yachthaven des Segelverein Norden. Nicht zwei Minuten später hätten wir ankommen dürfen … weg ist meine Crew. Schade, ein viel zu hastiger Aufbruch ... aber wer kommt schon gern mitten in der Nacht zuhause an?
Morgen kommt die Crew für die Rückreise.
Oreste (v.rechts.) kommt an Bord, Ralf is eh schon da, Peter kommt erst Dienstagabend dazu. Wir starten also zunächst als Trio von Heiligenhafen aus mit Kurs auf die Schlei.
Samstag, 09.07.: Heiligenhafen - Kappeln
Seewetterbericht: SO 3, SW – W drehend, vorübergehend zunehmend 4, Schauerböen, später Gewitter möglich, strichweise diesig.
Um 0900 sind wir weg und nehmen nach dem Start jedes Tuch zu Hilfe, was uns vorwärts bringt. Klar ist irgendwann auch der Blister dran. Wir segeln mitten durch das Schießgebiet, das eigentlich für immer Urlaub machen sollte, lassen Kalifornien und Brasilien (der Landstrich heißt wirklich so) an Backbord und passieren endlich den Kiel – Ostseeweg. Danach lassen wir das nächste Sperrgebiet an Backbord und segeln endlich in die Schlei.
Hier, am Eingang zur Schlei, war ich schon häufiger, z.B. in Schleimünde in der „Giftbude“, in Maasholm, aber in Kappeln zuletzt 2002. Schön, dass wir wieder hier sind. Und das sind doch richtig schöne Erinnerungsfotos Dschunxx. Vom Leuchtturm Schleimünde bis Kappeln braucht man ca. 45 Minuten, aber wann öffnet die Brücke? Da wir wieder Empfang haben, frage ich das internet: Immer viertel vor voll!
Unter Maschinenfahrt rauschen wir punktgenau zur Brückenöffnung nach Kappeln und finden auch sofort einen Liegeplatz hinter der Brücke. An dieser Stelle sei die Bemerkung erlaubt, dass Ralf (der Skipper ist hier nicht gemeint) gern seine Brillen über Bord gehen lässt und jetzt in der Stadt nach Ersatzbrillen fahndet. Oreste und der Skipper bauen schnell noch die Kuchenbude auf und haben gerade den letzten Reißverschluss dicht, als ein heftiges Schauer seine Schleusen öffnet.
Das Wetter hier an der Schlei ist jedenfalls so wenig berauschend, wie das Gekicke der deutschen Frauen, die sich heute Abend gegen Japan von ihrer WM verabschieden lassen. Hoffentlich ist bald wieder Bundesliga.
Sonntag, 10.07.: Kappeln - Schleswig
Seewetterbericht: W 3 – 4, vorübergehend SW drehend, später abflauend, zeitweise diesig
Um die marode Kuchenbude über die Zeit zu retten, erinnern wir uns an einen Tipp von Karsten, der ernsthaft zu ein paar Dosen Haarspray geraten hatte. Bei einem Freund soll das sogar noch ein paar Jahre die Bude dicht gehalten haben. Okay, also kommen zwei Dosen „Schwerwettertaft“ auf das Verdeck – wir sind gespannt.
Um 1000 legen wir ab und passieren in Maschinenfahrt Arnis, die Schleiperle und die alte Schifferkirche. Eine ganze Flotte scheint unterwegs zu sein, fast alle motoren schleiaufwärts, nur wenige segeln. Nebenbei wird Oreste in die Geheimnisse der Steuermannskunst eingewiesen, sodass Ralf2 die Segel bedienen können. Nach und nach gelingen die Wenden immer besser. Oreste hat den Auftrag, zu wenden, wenn das Echolot weniger als 1 m zeigt. So rauschen wir die Schlei bei Karschau rauf, doch dann sitzen wir nach einer Wende plötzlich auf, obwohl das Echolot bei 1,20 m steht – unterm Kiel. Würde es 0 zeigen, das würde ich verstehen, aber es zeigt weiterhin 1,20 m. Was ist passiert?
Rechts auf der Karte siehst Du eine Osttonne, die ist aber auf der Schlei nicht auszumachen. Auf dem Foto ganz rechts siehst Du die reale Situation ohne Tonne, unseren Kurs, den Wendepunkt und dass wir genau auf einem kleinen Haken aufsetzen. Pech, Unvermögen oder was auch immer, die Maschine bekommt uns jedenfalls weder vorwärts noch rückwärts von der Untiefe, die es laut Echolot gar nicht gibt – das zeigt weiterhin 1,20 m.
Was tun? Wir versuchen es zunächst mit Gewichtsverlagerung, knallen die Segel so was von an, damit wir mehr Krängung erzeugen, aber das laue Lüftchen schiebt uns nicht von der Stelle.
Der Großbaum wird mit 66 % der Crew an der Baumnock nach Backbord ausgebracht, aber die Dschunxx bringen immer noch nicht genug auf die Waage, so gut die beiden auch kochen. Weiter geht’s: Wir versuchen es mit der um 30 m verlängerten Dirk. Dazu wird der Anker ausgeschäkelt, mit dem dicken Kugelfender schwimmfähig gemacht und mit der Dirk verbunden. Ralf schwimmt Kugelfender, Anker und Leine weit nach Backbord, slippt den Anker und dann holen wir die Dirk mit der Winsch durch. Aber auch dieser Versuch scheitert, der Anker ist bald wieder neben der Yacht. Schade eigentlich ...
Was geht noch? Ralf bemerkt im Wasser, neben dem Boot stehend, dass es zum Vorschiff hin flacher wird, achtern wird es tiefer. Wenn überhaupt, dann kommen wir hier nur rückwärts runter … Landleine? Das sind mehr als 200 m. 150 m kriegen wir zusammen, aber nicht 200. Nochmal den Anker?
Genau, aber diesmal achteraus und dann mit der Winsch holen = flacher Zugwinkel. Ralf schwimmt wieder mit Anker, Kugelfender und 60 m Leine los. Die Segel werden wieder dicht geholt … in diesem Moment fährt eine kleine Motoryacht zu unserem Schwimmer. Wir verstehen kein Wort ihrer Unterhaltung außer das Wort Messer. Ralf ist schon zu weit entfernt. Messer?
Die kleine Yacht hält auf Ralf zu und übergibt irgendwas. An dieser Stelle sei erklärt, dass unser Schwimmer den Knoten nicht aufslippen konnte. Ich hatte den Anker nicht mit einem Slipknoten am Kugelfender befestigt, nachdem sich der Anker schon einmal gelöst hatte. Und nun bekommt Ralf den Knoten nicht auf und kappt die Leine mit einem Messer. Super und vielen Dank.
Nun ist die Leine im Wasser, der Anker auf Grund und der Schwimmer wieder an Bord. Oreste kurbelt an der Winsch, aber noch rührt sich „Kalami Star“ nicht von der Stelle. Rutscht der Anker? Nein, nein, so langsam kommt Zug auf die Leine, richtig Zug. Wir wechseln uns an der Winsch ab, holen Meter um Meter Leine. „Kalami Star“ rührt sich zunächst kaum spürbar, dann immer stärker, wir winschen uns von der kleinen Barre und auf einmal sind wir frei. Wir freuen uns ein Loch in den Bauch und beseitigen erst einmal das Chaos im Cockpit: Anker, Fender, Leinen ohne Ende, Werkzeug, die Segel müssen geborgen werden, denn vom Segeln wollen wir erst mal nix mehr wissen. Vor Freude lädt der Skipper zu Kaffee & Kuchen ins Missunder Fährhaus, da sind wir wohl in zwei Stunden, jetzt ist es 1250.
Unterwegs halten wir Ausschau nach der „Messeryacht“ und tatsächlich erwischen wir die Yacht mit dem tiefgrünen Rumpf erst kurz vor der Brücke von Lindaunis. Die ordnungsgemäße Rückgabe erfolgt mit einem verlängerten Käscher und natürlich, vielen Dank.
Dort begegnen wir auch Skippers Buchtitelfoto und na klar versucht Ralf, das Foto noch einmal so zu treffen, wie 2002 von Bord der Varianta „flexibel“. Vergleicht mal, ist doch beinahe so gelungen wie hier …
Um 1515 legen wir wieder vom Fährhaus ab und rutschen langsam in die Große Breite. Kurz danach können wir wieder segeln, aber das reicht auch nur bis zur Stexwiger Enge, danach ist wieder Motorfahrt angesagt. Um 1640 machen wir im Schleswiger Stadthafen nach insgesamt 22 sm fest.
Da es sich bei diesem SKS-Törn auch um eine Bildungsreise handelt, wird die Crew zu einem Rundgang durch den Holm (oben) eingeladen. Hier mal ein Link in Schleswigs schönstem Stadtteil.
Montag, 11.07.: Schleswig – Kiel, bzw. Heiligenhafen
Seewetterbericht: Umlaufend 2 – 3, NW-drehend, etwas zunehmend, anfangs strichweise diesig
Um 0930 Uhr legen wir bei leichtem Nebel im Stadthafen ab. Nach einem kurzen Ausflug ans „Ende“ der Schlei nehmen wir wieder den Kurs seewärts auf. Ein kurzer Segelversuch erledigt sich von selbst, kein Wind. Um 1045 passieren wir punktgenau Lindaunis und, logisch, wieder um viertel vor voll (11:45), Kappeln. Natürlich muss die Crew auch die berühmte „Giftbude“ kennen lernen, dort machen wir kurzzeitig fest.
Hier das Trio bei einer kleinen Capuccinopause vor der Giftbude, doch um 1455 sind wir wieder unterwegs. Groß und Genua? Blister? Ein kleines Segelchaos schließt sich bei wenig bis keinem Wind an. Ein Winddreher nach dem anderen schickt uns zunächst nach Kiel? Kaum möglich. Bagenkop? Der „Wind“ stünde günstig, dann doch wieder Kiel, geht doch, als wir vor Port Olpenitz endgültig die Segel „streichen“.
Apropos Port Olpenitz. Schaut mal auf das unglaubliche Werbevideo. Fairerweise dazu ein Link auf den Blog der Kritiker, zu denen ich mich auch zähle, obwohl mir klar ist, dass die Region auf jeden Arbeitsplatz angewiesen ist.
Doch das nur am Rande, am Ende entscheiden wir uns aufgrund der Prognose für morgen gleich für Heiligenhafen. Um 1700 Segel bergen wir die Segel, starten die Maschine, es geht wieder nach Hause. Der Autopilot hat längst das Ruder übernommen und wir fahren in einen zauberhaften Sundwoner. Die Crew bereitet ein wunderbares Essen und als um 2000 der Wind wieder auffrischt segeln wir tatsächlich in einen herrlichen Sommerabend.
Die Crew ersegelt sich damit sogar ihre kleine Nachtfahrt, als wir erst um 2330 nach 68 sm wieder fest an 12/49 sind. Ausschlafen?
Dienstag, 12.07.: Heiligenhafen, SKS-Praxistraining
Seewetterbericht: NW um 3, NO-drehend
Ein gewonnener Manövertag. Wir steigen ins Praxistraining ein und gestalten zunächst mal eine „spielerische“ Hafenrundfahrt, wenden dabei auf engem Raum, fahren rückwärts, drehen in der Boxengasse … nur böse Zungen behaupten, Ralf lässt sich zu seinen diversen Freunden schippern, die er freudig begrüßt.
Draußen wird’s langsam ernst. Nun wird nach Kursangabe gesteuert und damit kommt ein anderer Ton an Bord: Bitte den neuen Kurs wiederholen und Rückmeldung, wenn der neue Kurs anliegt. Schließlich wird das in der Prüfung auch verlangt. Später folgen erste Segelmanöver, wird erstmals nach Kursangabe gesegelt, steigen wir in den Vollkreis ein. Dazu gehören natürlich auch die Kommandos für die Crew. Klar zur Wende, ist klar, Re, über die Fock. Neuer Kurs halber Wind, fier auf die Schoten auf Halbwindkurs. Neuer Kurs raumer Wind, fier auf die Schoten auf raumen Wind. Klar zur Halse, is klar, hol dicht das Groß (Fock fällt ein), rund achtern, fier auf das Groß, über das Vorsegel. Neuer Kurs raumer Wind …
Jetzt hat sich die kleine Crew erst einmal eine Pause verdient. Wir segeln rüber ins Café nach Orth und machen dort längsseits an der Kaimauer fest. Zum Abschluss geht dann erstmals die Boje über Bord, aber die Segelmanöver sind nur noch in Zeitlupe möglich, irgendwie die Ruhe vor dem Sturm. Aufgrund der Wettervorhersage wechseln wir im Hafen noch schnell auf die andere Stegseite, heute Nacht kommt kräftiger Nordostwind auf und das ist auf dieser Stegseite weniger gemütlich.
Am Abend kommt endlich Peter (links) an Bord und damit haben wir für das Training wieder eine handlungsfähige Crew.
Mittwoch, 13.07.: Heiligenhafen, SKS-Praxistraining
Seewetterbericht: O-NO 5, zunehmend 6 – 7, zeitweise diesig
Wie schön, dass wir diese Nacht auf der anderen Stegseite waren, in der Nacht hat es ordentlich Schwell gegeben, an Schlaf wäre nicht zu denken gewesen. Aber auch jetzt sieht es nicht viel besser aus und dennoch: Um 0915 rutschen wir an die Tanke und danach raus auf den SKS-Spielplatz. Es bläst mit 6, in Böen 7 Bft. und da wird es dem Skipper zu bunt, der Wind und Welle nun wirklich nicht mehr fürchtet, aber die Verletzungsgefahr bei der Arbeit erscheint ihm zu groß - und das ist nun mal seine Entscheidung!
Da ist nun wirklich nix zu machen. Wir halten uns mit Knoten und mit Lehrvideos über Wasser, besprechen Bootsmanöver und erhalten an der Magnettafel einige Tricks für sichere & gelingende Hafenmanöver.
Am Nachmittag schicken wir den Skipper zum Friseur und landen spätabends bei den Fleischbergen im „Montenegro“.
Donnerstag, 14.07.: Heiligenhafen, SKS-Praxistraining
Seewetterbericht: NO-O 6 – 7, später abnehmend
Am Morgen kachelt es noch immer mit 6 Bft. durch den Hafen, dazu Schauer ohne Ende. Wetterberichte werden von überallher angefragt, doch niemand verspricht Besserung, nur das Regenradar signalisiert ein Ende der Schauer. Wir überlegen tatsächlich, die Prüfung abzusagen und suchen bereits nach einem neuen Termin im Herbst …
… und dann lässt um 0900 überraschend der Wind nach, die Schauer sind durch, wir können ablegen und trainieren bis 1630 alle Manöver bei moderaten Bedingungen.
Zur Mittagspause hängen wir uns an den Deviationsdalben (Foto) und am Ende sind wir sehr zufrieden, die Prüfung kann kommen. Wie schon vor so mancher Prüfung das abschließende Essen in „Weinigels Fährhaus“.
Freitag, 15.07.: SKS-Praxisprüfung
Seewetterbericht: S 4 – 5, strichweise 6, W-drehend, strichweise diesig
Um 0830 rutschen wir rüber an Steg 1b, aber leider kommen wir nicht in die erste Runde der Prüfer und müssen ca. eine Stunde am Deviationsdalben warten. Um 1000 übernehmen wir (erstmals) Herrn Hegerfeld als Prüfer und nach einer kurzen Begrüßung sind wir zwar mittendrin in der Prüfung, aber an dieser Stelle blendet der Berichterstatter aus. Über Prüfungsabläufe wird hier nicht berichtet.
Das ist im Prinzip auch nicht wichtig, wichtig ist, dass alle sicher bestanden haben.
Herzlichen Glückwunsch und allzeit gute Fahrt an die Crew.
Tino
(v. lks.) ist Flieger und jetzt auch noch auf SKS-Kurs. Dafür brauchter
natürlich Meilen. Ralf hat schon genug davon, aber nächste Woche SKS-Prüfung.
Karsten muss nur mal ein paar Tage raus und ich bin eh schon da.
Trotzdem, nicht alles bei diesem Törn läuft so richtig rund. Von einem temporären Kulturwandel muss auf jeden Fall die Rede sein, denn 75 % der Crew outen sich als absolute Frühaufsteher. So was gab’s noch nie an Bord! Auf meine Frage, wann denn die Crew aufstehen will, gibt’s unisono die Antwort: „Spätestens um 0600 Uhr!“ Ich fasses nich und denke an so was wie elektronische Fußfesseln, heimlich Schlaftabletten in die Getränke, also an eine Meuterei „von oben“, doch am Ende holen mich die aufgeweckten Kerle nahezu täglich aus dem gewohnten Rhythmus. Nach ein paar Tagen bin ich so fertig, dass ich im stehen einschlafen kann. Wie konnte es nur so weit kommen, egal, ich will nicht nachtragend sein, Schwamm drüber!
Dienstag, 05.07.: Heiligenhafen – Marstal
Seewetterbericht: SO – O 2 – 3, strichweise diesig
Da mit Ralf und Tino zwei SKS-Kandidaten an Bord sind, erfolgt natürlich eine intensive Sicherheitseinweisung. Karsten, der in seiner Vereinigung Südniedersächsischer Hochseesegler beim SSS eine hervorragende Ausbildung genossen hat, ergänzt mich auf wunderbare Weise und freut sich ein Loch in den Bauch, endlich mal nicht verantwortlich zu sein.
Noch was vorneweg: Warum noch den Wetterbericht fragen, die liegen seit Wochen so was von daneben. Egal ob der Seewetterbericht vom DWD, der Windfinder, wetter-online oder die Farvandsudsigter vom DMI (Dänemark). Für heute einzig richtig ist, dass es zeitweise diesig ist und bleibt. Das war’s aber auch schon.
Kein bisschen Wind, nur die eiserne Unterwassergenua, schiebt uns irgendwie auf 330o rüber nach Dänemark. Zum Trost lässt sich gegen 1325 wenigstens ein Schweinswal blicken. Nein, nein, der hier rechts ist damit selbstverständlich nicht gemeint, aber Ralf meldet jede Schweinswalsichtung dem Deutschen Meeresmuseum in Stralsund. Noch nie gemacht? Klick mal hier: www.meeresmuseum.de/sichtungen. Naja, mehr aus Zeitvertreib versuchen wir es ab 1620 mal mit dem Blister, doch eine Stunde später scheitert auch dieser Versuch. Wir sind eben alle Motorboote, die einen mit und die anderen ohne Mast.
Ein bisschen Spott fängt sich der Skipper in Marstal bei seinem langwierigen Anlegemanöver ein (er war müde!), dass bei dem riesigen Pfahlabstand nicht so recht zu Ende gehen will. Da andere Crews dieses „Manöver“ deutlich toppen und wir unseren Spaß am Hafenkino haben, relativiert sich offenbar der doch etwas zu oberflächliche Eindruck der „Frühaufsteher“.
Von unserem Liegeplatz haben wir diesen wunderbaren Ausblick auf Eriks Hale.
Die Einfahrt in den alten Hafen und natürlich der wohl beliebteste Grillplatz in der dänischen Südsee
Natürlich folgt noch der „traditionelle Rundgang“ durch die Stadt und natürlich, andere Crews können da ein Lied von singen, besteht der Skipper auf seinen fairen Anteil vom dänischen Eis. Klar wird das Seefahrtsmuseum gestreift (ist natürlich längst geschlossen) und darüber hinaus wird dem Wiederaufbau der legendären „Bonavista“ (links) ein Besuch abgestattet. Um die Bedeutung der „Bonavista“ für Marstal besser zu verstehen, schaut mal dieses oder dieses Video
Mittwoch, 06.07.: Marstal – Ærøskøbing - Fåborg
Seewetterbericht: SO – O 3, später Schauerböen, zeitweise diesig, Nebelfelder
Siehste, die Wetterberichte liegen wieder daneben, alle: SO 3 sind angesagt, doch es weht bereits am frühen Morgen mit 5 Bft., dabei ist wenigstens schönes Wetter.
Um 0930 müssen wir mit langer Leine ablegen, so sehr will uns der Wind von der Seite auf das Nachbarschiff drücken. Danach werden die beiden SSSler von Ralf und Tino aus Marstal raus und durch die Rinne nach Ærøskøbing navigiert. Dort legt (der junge) Ralf ein wunderbar sorgfältiges Anlegemanöver hin. Besser geht’s doch nich, was will der hier noch lernen?
Kleiner Zwischenstopp im alten Hafen von Ærøskøbing, danach eine kurzer Gang durch die alte „Märchenstadt“
Nach zwei Stunden legen wir wieder aus dem alten Hafen ab und segeln weiter nach Fåborg. Tino, der uns als alter Wikinger in die Sprache seiner offensichtlichen Vorfahren einführt korrigiert unsere nachlässige Aussprache: Das heißt Fohborr, jedenfalls wird es so gesprochen, das å so wie das O bei Ohr, weißte bescheid.
Und so sieht die Skyline von Vohrbor aus, jedenfalls solange die Sonne scheint.
Donnerstag, 07.07.: Fåborg - Bagenkop
Seewetterbericht: Schwachwindig umlaufend
Ich fasses nich, das Wetter passt genau auf den Wetterbericht, herzlichen Glückwunsch. Wir versuchen natürlich immer, jeden Windhauch in Vortrieb umzusetzen und so wird getrimmt, getrimmt und noch mal getrimmt, bis die Konkurrenz die Tücher einholt. Die Crew ist so was von infiziert, am Ende müssen wir aber unser ehrgeiziges Ziel aufgeben. Was bleibt ist der Lernerfolg des optimalen Segeltrimm, ansonsten leider Maschinenfahrt bei herrlichem Sommerwetter.
Unterwegs passieren wir den wunderbaren Svendborgsund, machen einen Abstecher in den Traditionsschiffshafen von Svendborg, besuchen den neuen Yachthafen und grüßen, insbesondere von Karstens Bruder, den Ausflugsdampfer „Helge“, der mal wieder Valdemars Slot anläuft, das wir in der Ferne passieren. Immerhin beherbergt das Schloss auch ein Segelmuseum.chi
Dann hart am wieder aufkommenden Wind vorbei an
Rudkøbing, an Marstal und in aller Seelenruhe rüber nach Bagenkop.
Immerhin haben die Meilensammler jetzt schon 108 sm auf der Logge, nicht
schlecht für drei Leichtwindtage oder?
Freitag, 08.07.: Bagenkop - Heiligenhafen
Seewetterbericht: SO 3 – 4, SW drehend, abnehmend 2, Schauerböen, strichweise stark diesig, See 0,5 m
Der regnerische Südost weht uns natürlich genau aus Heiligenhafen entgegen, wir müssen kreuzen und kreuzen immer wieder den Kurs einer wunderbar geschnittenen Yacht. Warum segeln die nicht? Wir kommen jedenfalls gut voran und versuchen, die erworbenen Trimmkünste zu perfektionieren.
Unter Deck werden derweil wahre Kunststücke vollbracht: Tino (o.lks.) demonstriert, dass er bei so viel Lage immer noch an der Karte arbeiten kann. Karsten (rechts) hingegen beweist, dass er bei gleicher Schräglage eine hervorragende Resteverwertung bruzzeln kann.
Naja und Karsten bringt den beinahe noch jugendlichen Seglern den Umgang mit Flaggen und insbesondere das Grüßen der Kriegsmarine bei, die gemäß internationalem Flaggenrecht, den Flaggengruß (also das Dippen) zu erwidern hat. Dabei wird während der Dauer des Vorbei-fahrens an einem Kriegsschiff, die eigene Flagge auf etwa halbe Höhe gesenkt (gedippt). Dieser Flaggengruß ist durch einmaliges Dippen der Kriegsflagge zu erwidern. Der Flaggengruß. ist aus der einstigen Bezeugung der Unterwerfung unter die Gewalt des besuchten Landes entstanden.
Das Dippen ist nicht zu verwechseln mit dem hier demonstrierten Einholen der Gastlandflagge.Wir erkennen an dieser Demonstration jedenfalls, dass wir uns nun wieder in deutschen Gewässern befinden. Genau hier dreht der Wind tatsächlich auf SW und spielt uns wunderbar in die Karten. Wir werden jetzt immer schneller und kassieren sogar Yachten, die längst auf ihr eisernes Segel zurückgegriffen haben. Am Ende aber bleibt der Wind leider ganz weg und wir motoren bis rein an die Tanke nach holy harbour und schließlich in die Box. Karsten und Tino mustern vereinbarungsgemäß nach 144 sm ab, Ralf bleibt an Bord. Wenigstens zwei Frühaufsteher weniger, aber Schwamm drüber.
Heiko (von links) ist mit an Bord, dazu Jürgen, Klaus und Matthias. Alle vier haben an Bord den SKS absolviert und suchen mit diesem Törn eine anspruchsvollere Herausforderung. Später kommt mit Stephan der Regattataktiker dazu und mich kennter ja bereits.
Das von der Crew formulierte Ziel für die ca. 45 sm Rund-Fehmarn-Regatta: Wir wissen, dass wir mit Rollgroß und –genua nicht wirklich konkurrenzfähig sind und deshalb wollen wir mindestens Vorletzter werden. Insgeheim gehen die Fantasien natürlich viel weiter ... nach oben. Da oben (Foto rechts) wollen wir nächsten Samstag stehen!
Als die Crew den Einkauf erledigt hat, segeln wir noch schnell zum Essen rüber in den „Ostseeblick“ nach Orth und sind kurz vor 2300 zurück an Steg 12 in holy harbour.
Sonntag, 26.06.: Heiligenhafen – Wismar
Seewetterbericht: W um 3
Eine kleine Meuterei: Die Crew will nicht nur, wie von mir vorgeschlagen, Rund Fehmarn trainieren, sondern auch Urlaub machen, was sehen und da ich im gesegneten Alter, je nach Bedarf von Altersstarrsinn auf Altersweisheit (und natürlich umgekehrt) wechseln kann, entscheide ich mich für die Weisheit. Also segeln wir nach Wismar, trainieren unterwegs und das ist auch gut so.
Um 1030 sind wir mit ohne Wind aus Heiligenhafen raus und werden bei Sprühregen sogar noch auf unsere Frustrationswettertoleranz getestet. Später versuchen wir es mit Groß und Genua, aber bei so wenig Vortrieb muss letztlich der Blister helfen. Als wir den Travemünde-Gedser-Weg passieren ändern wir zunächst für eine Fähre den Kurs und danach ist schon wieder Schluss mit lustig, die Maschine wird wieder in die Verantwortung genommen. Ein tolles Regattatraining, sage ich Dir. Angenommen es ginge in diesem Tempo Rund Fehmarn, wir wären 20 Stunden unterwegs. Was dann?
Zurück in die Gegenwart, vorbei am Offentief und rein in die Wismarbucht. Ab Timmendorf/Poel an Backbord und Boltenhagen an Steuerbord vermessen wir das Segelrevier vor der Hansestadt neu. Bei Sprühregen gestartet sind wir inzwischen mitten im Sommer angekommen. Was für ein Sonntag.
Gegen 1900 rutschen wir nach Wismar rein und motoren zunächst eine kleine Hafenrundfahrt durch den alten Hafen, vorbei an der Kogge „Wissemara“ (Foto) und sind nach 33 sm endlich im Westhafen fest.
Nach Kartoffelsalat und Schnitzel aus Jürgens Kombüse geht die Crew an Land, während der Skipper heldenhaft Berge von Abwasch erledigt. Eine wunderbare Abendstimmung macht sich in der Stadt und im Hafen breit … oder liegt das an den fünf Liter Bier, die von der durstigen Crew nach der langen Reise in die eigenen Behälter abgefüllt werden.
Besser geht’s doch nich oder?
Montag, 27.06.: Wismar - Grömitz
Seewetterbericht: Schwach umlaufend, strichweise diesig, anfangs Küstennebelfelder
Wismar war eine weise und gute Entscheidung, aber heute „segeln“ wir mangels Wind mit dem VolvoPenta zunächst eine kleine Hafenrundfahrt in der Wismarbucht. Da ist zuerst Hohen Wieschendorf – Foto unten.
Wohl eine Investitionsruine mit nettem kleinen Strand nebenan, aber nach dem Subventionsbetrug leider immer noch ein Geisterhafen. Totentanz! Niemand hat hier jemals wirklich länger als eine Nacht angelegt. Der Hafen ist seit ca. vier Jahren fertig und verfällt seitdem durch die Pleite.
Von Hohen Wieschendorf segeln wir rüber in den malerischen Hafen von Timmendorf auf Poel (Foto unten). Hier sieht das schon ganz anders aus. Ein gewachsener Hafen mit Leuchtturm, ein wenig Fischerei, dem Lotsenboot. Nur macht es uns Timmendorf nicht immer so leicht wie heute.
Bei Wind aus West über SW bis Süd ist Timmendorf wegen Schwell keine gute Adresse. Aber heute, ist das kein Problem. Wer länger bleibt, sollte sich den Dusch- und Toilettenschlüssel beim Hafenmeister besorgen, ansonsten stehste draußen vor der Tür. Na und gleich am Hafen der herrliche Sandstrand, dazu am Abend ein wunderbarer Sundowner. Aber Achtung, nicht der Sundowner, sondern der Strand ist tagsüber kurtaxpflichtig.
Der dritte Hafen in der Wismarbucht ist der neue Hafen von Boltenhagen. Keine Investitionsruine wie Hohen Wieschendorf, in Boltenhagen soll demnächst der Urlaub zuhause sein. Es sei den Investoren natürlich gegönnt, dass die Rechnung aufgeht. Charme versprüht der Hafen auf so einen alten Salzbuckel jedenfalls nicht oder noch nicht.
Die Schwimmstege sind jedenfalls ganz angenehm, es gibt genügend Platz, sodass wir in einer Ecke sogar längsseits festmachen können. Eins noch: Boltenhagen ist weit, in den Ort sind es mindestens zwei Kilometer, aber im Hafen gibt es alles, was man kurzzeitig benötigt.
Der Vollständigkeit sei noch auf den Hafen in Kirchdorf/Poel hingewiesen, den haben wir rechts liegen gelassen. Um 1600 beenden wir unsere Hafenrundfahrt in der Wismarbucht, wir haben endlich Wind und Gelegenheit, die Wismarbucht mit Ziel Grömitz zu verlassen.
Bei Sonnenschein, NW 4 und 23o gerät dieser Törn zu einer ausgesprochen sportlichen Übung, bei der ich mich dazu hinreißen lasse, diesen Tag als den bisher schönsten Segeltag des Jahres auf der Ostsee hochzujubeln. Ja, das hat richtig Spaß gemacht. So ein Wetter bei der Regatta wäre natürlich ein Traum.
Na und heute werden die Segel immer sportlicher getrimmt, wir werden schneller. Trotzdem, nicht abheben Dschunxx, den Kahn flach halten, der vorletzte Platz bleibt das erklärte Ziel.
Um 2000 Uhr sind wir in Grömitz und landen im „Dubrovnik“. Für alle irgendwie eine Reise in die Vergangenheit, als man noch zum Jugoslawen Essen ging. Und tatsächlich, die Zeit scheint stehen geblieben, nix hat sich seitdem geändert. Deko und Speisekarte wie vor 30 Jahren, das Essen beinahe auch. Zum Nachtisch noch ein Eis aus dem „La Crema“ – mehr muss man zu Grömitz nicht sagen.
Doch noch was: Der Yachthafen hat ein neues Sanitärgebäude bekommen und das ist schon einen Besuch wert.
Dienstag, 28.06.: Grömitz – Rund Fehmarn - Heiligenhafen
Seewetterbericht: Schwach umlaufend, später östliche Winde um 3, See 0,5 m.
Heute soll es von Grömitz aus zurück nach Heiligenhafen, aber auch gleich gegen den Uhrzeigersinn Rund Fehmarn gehen. Und weil der Wind nicht schwach umläuft, sondern mit 3 – 4 aus Nordost daher kommt kreuzen wir erstmal bis Staberhuk auf. Die ambitionierte Crew trainiert dabei schon mal auf der hohen Kante und sorgt damit für weniger Lage - und mehr Höhe. Von Staberhuk (die Südostecke von Fehmarn) dann auf Halbwindkurs weiter bis Puttgarden. Natürlich sehen wir das Sperrgebiet nordöstlich von Puttgarden, aber dass es kurz vor der Hafeneinfahrt noch ein neues, kleines Sperrgebiet gibt bemerken wir beinahe zu spät. Also doch noch einen Kreuzschlag und dann, am Fährhafen Puttgarden vorbei, endlich westwärts durch den Fehmarnbelt.
Aber was fährt da hinten? Noch sehr weit weg ein riesiges elegantes Kreuzfahrtschiff. Vor ein paar Tagen haben wir ja in Travemünde die 294 m lange „Queen Elisabeth“ bewundern dürfen – siehe Logbuch vom Ostwestfalentörn. Und das hier? Schwarzroter Schornstein? Das kann nur ein Cunard Dampfer sein! Leider reicht das Fernglas nicht aus, aber dicht unter Land sind wir ja im Internet und als wir die AIS-Seite (http://www.marinetraffic.com/ais/de/default.aspx) öffnen, identifizieren wir die „Queen Victoria“. Klar, ein Cunard-Liner auf dem Weg über den Großen Belt, in die Nordsee nach Southampton.
Die 294 m lange und 90.000 BRZ große „Queen Victoria“ (Foto Cunard)
Ab Westermarkelsdorf wird aus dem ambitionierten Kreuzkurs eine vergnügliche Urlaubsreise. Bei Halb- bzw. Raumwindkurs loten wir das Regattaterrain an der Westküste aus und prüfen, wie dicht wir unter Land segeln können. Schnell noch über den Flügger Sand gerutscht und dann sind wir plötzlich mittendrin in irgendwelchen Filmaufnahmen. Auf der „Marco Polo“ steht irgend so ein „Heinokapitän“ mit ner brünetten Lady, während auf dem Klüver Kamera und Ton buchstäblich Halt suchen.
Damit die Kapitänsuniform auch kinogerecht sitzt, hat man sie dem Heino auf dem Rücken zusammen geklammert. Ein witziges Bild, aber was geht das uns an. Wir sind um 1940 nach 52 sm fest in Heiligenhafen.
Mittwoch, 29.06.: Training Rund Fehmarn
Seewetterbericht: SO 4 – 5, vorübergehend etwas abnehmend, später NW drehend, später Schauer- und Gewitterböen
Vor dem Training wollen wir uns die Segelanweisungen für die Regatta direkt bei der Segler-Vereinigung Heiligenhafen (www.svh-ssch.de) abholen und legen kurzzeitig im vereinseigenen Hafen an. Leider ist kein regattakundiger Segler anzutreffen, aber da heute Abend Clubregatta sein wird, werden wir vom Hafenmeister auf den Abend vertröstet, da ist garantiert jemand da. Okay, wir kommen heute Abend wieder.
Also starten wir zu unserer Proberegatta um 1142 an der Osttonne. Und da wir jetzt natürlich noch keine Gegner auf der Regattabahn haben erklären wir kurzerhand einen holländischen Schoner zu unserem härtesten Konkurrenten. Die Holländer nehmen unseren Fehdehandschuh aber nicht wirklich auf und verabschieden sich nach einer Stunde – natürlich weit abgeschlagen – in Richtung Rødby.
Den Skipper interessiert das nicht wirklich. Er hat bereits aus großer Entfernung seine „kleine Sensation“ entdeckt: Auf dem Kiel-Ostsee-Weg hatter die „Cap San Diego“ ausgemacht, die schon bald beinahe unseren Kurs kreuzen wird. Die „Cap San Diego“ ist noch ein richtiges Schiff, doziert der Skipper, in den 1960ern gebaut, zählten die Cap San-Schiffe der Hamburg-Süd zu den modernsten Frachtern der Welt. Diesen Eindruck bestätigt auch die Regattacrew, die aber ansonsten die romantisch verklärten Sagen aus der guten alten Zeit geduldig über sich ergehen lässt … mehr Infos also besser unter www.capsandiego.de
Auf der „Regattabahn“ nix neues. Um 1540 haben wir Puttgarden querab, um 1715 Staberhuk. Der Wetterbericht verkündet Schlechtwetter, in der Ferne baut sich bereits langsam eine Gewitterfront auf. Berichte aus der 280 km entfernten Heimat erzählen bereits von voll gelaufenen Kellern. Leider werden wir jetzt auf Vorwindkurs immer langsamer. Schaffen wir es noch vor dem Gewitter bis Heiligenhafen? An der Ansteuerungstonne des Fehmarnsund lassen wir Regattatraining Regattatraining sein und starten den Diesel. Von Südwesten verdichten sich die Wolken und bei der Betrachtung des Regenradar können wir dem bevorstehenden Inferno eigentlich nicht mehr entkommen.
Vor Heiligenhafen dümpelt die Clubregatta der Segler-Vereinigung (www.svh-ssch.de) in der Ruhe vor dem Sturm, während wir uns in die Schwerwetterklamotten flüchten – nur zur Abschreckung des Gewitters, das sich dann tatsächlich noch lange Zeit nimmt. Erst in der Nacht wird es wie aus Eimern schütten. Später, am Clubhaus der Segler-Vereinigung Heiligenhafen, erfahren wir beinahe alle Details über die Regatta, aber was am Samstag genau sein wird, ob z.B. mit oder gegen den Uhrzeigersinn um die Insel gesegelt wird, weiß hier auch niemand.
Noch ein Spruch: Die attraktive Tochter der durchaus hübschen Mutter beim anschließenden „Chinesen“ kommentiert unser Vorhaben zutreffend, „... beim (Hochsee-)Angeln hat man wenigstens was davon, Segeln hingegen koste nur viel Geld und dafür bekommt man nichts zurück!“ Weißte bescheid?
Donnerstag, 30.06.: Regattatraining
Seewetterbericht: NW – W 5 – 6, Schauerböen, vereinzelt Gewitter, anfangs diesig, See 0,5 – 1,5 m
Es ist immer wieder dasselbe, wenn’s ungemütlich wird, macht niemand Fotos. Heute ist so ein fotofreier Tag. Wir haben schon im Hafen 6 Bft. und wagen uns dennoch auf die Piste. Vielleicht ist genau das unsere Chance. Bei Schwerwetter wird unsere „Kalami Star“, die voll getankt ist und viel schwere Ausrüstung an Bord hat, möglicherweise einige Nachteile (z.B. Rollgroß) kompensieren können. Bei 6 und viel Welle haben es auch die anderen Crews schwer, z.B. mit dem Spinnaker zu punkten.
Von wegen Chancen, draußen sind es eher 7 Bft. und die 1,5 m hohen Wellen bringen die Crew schnell an ihre Grenze. Wir sind eben keine ausgebuffte Regattacrew, sondern haben den SKS noch frisch in der Tasche. Trotz stark gereffter Segel liegen wir ordentlich auf der Backe und tauchen tief in die Welle ein. Was geht denn hier ab, bei dem Wetter kannste doch keine Regatta segeln?
Aufmerksam beobachte ich die Crew bei der Arbeit, aber höre auch gut in mich rein: Unter diesen Bedingungen würde ICH auf einen Start verzichten, das Verletzungsrisiko wäre mir einfach zu groß. Nicht das jermand über Bord geht, dagegen schützen wir uns, sondern eher das jemand stürzt und sich dabei verletzt. Folgerichtig entscheide ich, das Training abzubrechen, in der Liga spielen wir noch nicht. Geschützt vom Graswarder fahren wir in der Nähe des „SKS-Spielplatzes“ lieber noch ein paar realistische Notmanöver, danach ist Schluss mit lustig.
Damit wir uns richtig verstehen: Fehmarn Rund ist für ambitionierte Crews eine von vier Stationen im Regattacircus. Deshalb wird die Regatta von durchaus hochkarätigen Crews gesegelt, aber herzlich willkommen sind dabei auch die ganz normalen Yachten, die mal Regattaluft schnuppern wollen. Diese Einladung haben wir gern angenommen. Schau mal das Video vom letzten Jahr: www.supersailtour.de/index.php/das-event.html
Freitag, 01.07.: Regattatraining
Seewetterbericht: W - NW 5 – 6, abnehmend 4 – 5, See 0,5 – 1 m
Heute kommt endlich Stephan dazu, unser Taktiker und der Einzige, der sich mit Regatten wirklich auskennt. Zum Glück kennt sich Stephan auch mit Segeltrimm und „Pissbögen“ aus. Fehmarn Rund werden wir heute nicht segeln, aber die Schlüsselstationen: Das Aufkreuzen zur westlichen Ansteuerungstonne im Kiel – Fehmarn – Weg und damit auch immer wieder wenden, wenden, wenden. Immer wieder Pissbögen und immer wieder klappt die Wende nicht schnell genug. Die Rudergänger verlieren einfach zu viel Fahrt. Sag' ich doch und „... fahrt die Wende weicher“, korrigiert auch Stephan und so langsam löst ein systematischer Ablauf den Zufall ab. Training eben. Auf Vorwindskurs sind wir mit Schmetterling schneller, als Raum zu kreuzen, arbeiten wir heraus und als wir den Fehmarnsund von Ost nach West aufkreuzen kann es besser nicht mehr laufen. Die Regatta kann kommen.
Am Abend steigt das Regattafieber. Die Sponsoren lassen es auf der Bühne am Kapitän-Willi-Freter-Platz so richtig krachen, aber bei dem Mistwetter sorgt auch die richtig gute Band nicht wirklich für Regattafieber.
Spannend wird es erst als der Wettfahrtleiter Karl Schmütsch (o.lks.) die Segelanweisungen und den Wetterbericht für morgen verkündet. Mit 4 bis 5 aus NW wird alles gut segelbar, erfahren wir, aber unsere Wetterquellen verkünden mit schaurigen Böen schon jetzt düstere Prognosen. Vielleicht hat sich die Crew deshalb die offiziellen (wärmenden) Regatta-T-Shirts zugelegt.
Samstag, 02.07.: Die Regatta wird … verschoben
Mit 4 – 5 aus NW ist alles gut segelbar, hieß es gestern Abend bei der Skipperbesprechung, doch der Regattatag wird zum schaurigsten und stürmischsten Tag der bisherigen Saison. Wir gehen schon mit gemischten Gefühlen um 0630 duschen und erfahren wenig später, dass Fehmarn Rund um einen Tag verschoben worden sein soll. Der Anruf bei der Wettfahrtleitung bestätigt die Infos aus dem Waschhaus, leider.
Heute jagt ein Schauer das nächste und der Wind geht gnadenlos auf über 30 Knoten – im Hafen. Draußen weht es mit bis zu 8 Bft., vergessen wir diesen Tag. Nein, nicht ganz, die Crew verlustiert sich auf Fehmarn oder in der Stadt und der Skipper geht mal wieder in den wunderbaren Waschsalon, schmutzige Wäsche waschen.
Gegen Abend immer noch Schauer, immer noch viel zu viel Wind, aber als der nasse Grill mit viel Mühe Feuer fängt und Jürgen die Paellapfanne vorbereitet – hier unten die Zutaten - da kehrt wieder Zuversicht ein an Bord der „Salami Star“.
Dann eben Morgen. Klar, alle kommen Morgen später nach Hause als angekündigt, aber das Training war wenigstens nicht umsonst.
Früh sind wir in der Koje, gleich geht’s los.
Sonntag, 03.07.: Die Regatta wird … abgesagt
Seewetterbericht: NW um 5 – 6, Ostteil abnehmend 3 – 4, zeitweise diesig, Nebelfelder, See bis 1,5 m
Du wachst morgens auf und hörst immer noch das Pfeifen des Windes in den Masten, aber Du siehst sie kaum noch … dichter Nebel liegt über Heiligenhafen. Sichtweite vielleicht 50 - 100 m. Leute, wir haben den 03. Juli, es ist Sommer, das kann doch alles nicht wahr sein. Diesmal hören wir über UKW Kanal 72 von der Wettfahrtleitung, dass der Start um eine Stunde verschoben wird. Kiel Leuchtturm meldet bereits freie Sicht. Wir koppeln die Windgeschwindigkeit von Kiel Leuchtturm bis Heiligenhafen, doch weit gefehlt, der Nebel ist auch eine Stunde später immer noch da. Die Wettfahrtleitung hat keine andere Wahl, als die Regatta abzusagen: „An alle Regattateilnehmer, an alle Regattateilnehmer“, meldet sich Karlo Schmütsch über Kanal 72, „die Regatta wird aufgrund der schlechten Sicht abgesagt“.
Die Fehmarnsundbrücke (links) aus ca. 100 m Entfernung. Stephan erstmals am Rohr eines Dickschiffes
Natürlich sind wir enttäuscht und wie wir später erfahren, hätten die Dickschiffe durchaus starten können, aber die schnellen Cats hätten bei der Sicht keine Chance gehabt. Es wäre nur schwer nachvollziehbar, wenn eine Gruppe startet und die andere nicht, Basta.
Aber
ein angefangener Segeltag ohne Segeln? Das geht gar nicht. Also drehen wir noch
einmal eine „Ehrenrunde“ bis rüber in den Großenbroder Binnensee. Ein paar
Hafenmanöver folgen und abschließend das Aufkreuzen durch den Fehmarnsund. Dass
wir dabei am Ende auf der Kreuz schneller sind als eine Comfortina 42 unter
Maschine in Geradeausfahrt, bestätigt unseren Formanstieg der letzten Woche.
Sogar Stephan, der erstmals am Ruder eines Dickschiffes steht, lernt noch was
dazu, genau
wie wir auch.
Trotzdem, eine tolle Woche liegt hinter uns … vielen Dank an die wunderbare Crew für die Fotos und überhaupt ...