2007
Trotzdem segeln Heike, Dieter, Bogi und ich zunächst durch den Fehmarnsund mit Ziel Grömitz, aber bei auffrischendem Wind und später 6 Bft. gegenan wenden wir, bei deutlich zunehmender Welle, auf der Höhe von Dameshöved. So sind wir zwei Stunden später warm und sicher bei Klemens in Großenbrode fest.
Der Sonntag wird zur Hafenrundfahrt. Zunächst klappern wir die beiden Häfen im Großenbroder Binnensee ab (Marina und Yachtclub Großenbrode), bevor wir uns wieder auf die Ostsee wagen. Wieder kündigt DP07 bis 6. Bft. an, aber als wir in Burgtiefe mit ein bisschen Mühe festmachen, ist auch das vergessen. Von dort endlich mal wieder mit einer Crew ins wunderbare Café Sorgenfrei - www.cafe-sorgenfrei.de – im alten Rettungsboot-schuppen auf Fehmarn. Von der Terrasse, heute ist es hinter dem Schaufenster viel gemütlicher, kann man so wunderbar auf’s Fahrwasser sehen und gesehen werden. Später drehen wir noch eine Runde in Burgstaaken, machen letztmalig im Yachthafen fest und bringen danach Heike und Dieter nach Puttgarden zum Bahnhof, Abfahrt 18:48, holen Bernd, Ankunft 19:04 Uhr, dort ab und landen im urigen „Goldenen Anker“. Fisch gibt’s.
Wetter: NW - N 5 - 6
Ein Vergnügen ist das „Einwintern“ nicht. Haste Pech, regnet es ohne Ende und beim Mastlegen fegt Dir auch noch der Wind durchs Rigg. Der blöde Sicherungssplint geht nicht auf und wo ist die Spitzzange? Alles ist nass, dreckig und klamm, die Hände reißen auf, du frierst, fluchst und willst nur noch dass dieser böse Traum hoffentlich bald zu Ende geht … aber wir haben auch diesmal wieder dieses unverschämte Glück mit dem Wetter.
Nun ist die Seereise von Heiligenhafen nach Burgstaaken kein wirklich großer Aufreger, auch nicht mit dem neuen Schiff und sogar der Probeanleger an unseren neuen Liegeplatz 5/53 gelingt vorbildlich. Hier werden wir zukünftig bleiben, ein schöner Platz, fast am Stegende. Als wir um 1315 ablegen haben wir Null Wind, die Sonne scheint, aber es ist saukalt. "Katinka", mit der wir gemeinsam Kranen wollen, ist schon per Motor unterwegs (die Segel sind längst in trockenen Tüchern). Auslaufend, noch im Heiligenhafener Fahrwasser, erwischen uns dann doch vier Bft. und nur ein paar Minuten später bei Heiligenhafen Ost plötzlich glatte sechs. Längst haben wir Vollzeug gesetzt und treten schnell wieder auf die Bremse.
So haben wir uns das nicht vorgestellt, obwohl der Seewetterbericht nichts anderes angekündigt hat. 50 Minuten später segeln wir bereits in der Landabdeckung der Sonneninsel Fehmarn, wechseln auf Raumschotkurs, passieren die Brücke und nun wird es doch noch eine Überfahrt zum genießen … mit Handschuhen, Mütze & Schal. Im Unterschied zu den Vorjahren sind noch sehr viele Boote unterwegs, nein, nicht zum Kranen, offenbar haben die goldenen Oktober der letzten Jahre die deadline verschoben. Bisher gehörten wir immer zu den Letzten, da war selten noch ein Boot unterwegs.
In Burgstaaken wird randvoll getankt. Auf der kranfertigen „Katinka“ vertreibt sich die Crew die Langeweile mit allerlei Wartungs- oder Reparaturarbeiten und Kaffeetrinken, während wir lernen, das neue Schiff abzuriggen: Segel abschlagen und zum Segelmacher, Spibaum und Großbaum runter, Kabel am Mastfuß abklemmen, Unterwanten lösen und dabei können wir manchen Tipp von Hans-Jürgen (der wurde kurzerhand von der „Katinka“ dienstverpflichtet) so gut gebrauchen.
Hier ein paar Bilder vom Mastlegen mit Florian, Hans-Jürgen, Sabine und Wilhelm (v.l.n.r.). Beim Kranen der Boote war es bereits dunkel und wirklich keine Hand für Nachtaufnahmen frei ... wer mehr über das Kranen lesen oder ein Video sehen möchte, so findest Du hin ...
Nach dem Kranen werden „Kalami Star“ und „Katinka“ trotz Dunkelheit noch mit Hochdruck gewaschen. Dabei reiben sich Ralf & Ralf erstaunt die Augen, so viel Bewuchs hatten wir noch nie am Unterwasserschiff. Genug für einen Topf Muschelsuppe. Was ist nur mit der Ostsee los? „Kärchern“ ist eine blöde Arbeit. Du stehst buchstäblich im Regen, dazu ist es schweinekalt, das Licht ist schlecht, aber gegen 2030 ist auch dieser Knochenjob im (Star)light von zwei 500 W Baustrahlern erledigt. Spaß macht das bei der Kälte wirklich nicht, aber du musst es machen. Ist das Unterwasserschiff abgetrocknet, brauchst Du dreimal so lange. Es gibt keine andere Chance, aber dann schnell in die warme Ferienwohnung.
Am Samstag wird nachgewaschen, werden die hartnäckigsten Pocken und Muscheln mit dem Spachtel entfernt, Reparaturaufträge vergeben, die Schwimmwesten zur Wartung gebracht und der Wasserpass gereinigt. Als wir längst wieder im Dunkeln arbeiten kommt endlich die Maschine dran. "Einwintern" nennen Segler den Öl- und Ölfilterwechsel, den Austausch des Impellers, das Spülen des Seewasserkreislaufs mit Süßwasser und das Einbringen von Frostschutz in den Kühlkreislauf (der Kraftstofffilter ist erst im Frühjahr fällig). Da wir uns mit dieser Maschine noch nicht auskennen brauchen wir bald vier Stunden für diesen job.
Sonntag räumt Sabine das Schiff aus während ich den Kiel entroste und immerhin 2 x Rostschutz (Primocon) aufbringe. Alle Lebensmittel müssen von Bord, wir entleeren die Trinkwasseranlage, den Boiler und machen das See-WC winterfest. Auch das dauert Stunden, aber wir entdecken damit auch die letzten Winkel und eignen uns auf diese Weise das neue Schiff an. Zum guten Schluss muss der Schiffsname noch einmal runter. Die Werbeagentur hatte „Vor- und Nachnamen“ in unterschiedlicher Größe geschnitten (oben rechts), das muss natürlich korrigiert werden. Nun ist es auch im Hallenlicht perfekt (siehe hier unten).
Obwohl wir nicht alles geschafft haben, sind wir mit unserer Arbeit hochzufrieden. Wir haben auch am Unterwasserschiff keine Macke entdeckt, so viel dazu gelernt und können trocken einwintern, weil wir wieder einmal dieses unverschämte Glück mit dem Wetter haben. Am Ende steht „Kalami Star“ sauber, in Folie gewickelt, warm und trocken in der Halle und da Schiffe ja bekanntermaßen Lebewesen sind, gönnt sich unser Schiffchen noch diesen Ausblick (oben) auf das Landleben der Insel Fehmarn, bevor es sich in den wohlverdienten Winterschlaf verabschiedet. Im März holen wir dich da wieder raus.
Donnerstag, 04.10.07, Heiligenhafen - Bagenkop
Wetter: O - SO 3 - 4, Gewitterböen
Wir lassen uns alle Zeit der Welt, haben Ostwind und ein stabiles Skandinavienhoch wird uns die nächsten Tage begleiten, ganz bestimmt. Die Jungfernfahrt mit unserer frisch gebackenen "Kalami Star" soll uns für ein paar Tage in die Dänische Südsee bringen. Sabine möchte so gern zum Shoppen nach Svendborg und dann ins beschauliche Avernakø (da waren wir noch nie). Aber was ist mit dem Hochdruckwetter? Der Himmel hat jedenfalls geschlossen, 8/8 Stratos, Hochnebel. Das 13° kalte Ostseewasser lässt die absteigende Luft kondensieren und damit ist das gefühlte Wetter so viel schlechter als der Wetterbericht (nicht der Seewetterbericht). Auf dem Wasser ist es sogar empfindlich kalt. Und dass die Logge trotz längerer Rückwärtsfahrt unter Maschine nicht mitlaufen mag, der Autopilot offenbar meine Sprache nicht versteht oder nicht verstehen will und lieber auf den Plotter hört, sorgt gerade noch für vorsichtigen Optimismus an Bord.
Als wir Flügge an Stb. lassen, die dänische Flagge unter der Saling weht und der Wind von 3 - 4 auf 5 Bft. auffrischt, kommt endlich Freude auf und Segelspaß dazu: "Kalami Star" giert in der achterlichen See, kommt gelegentlich ins Surfen und kratzt beinahe auf Vorwindkurs! immer wieder die 7,5 Kn. Na klar zwingt uns die Berufsschifffahrt auf dem Kiel - Ostseeweg wieder mal zu einem Ausweichmanöver, aber bald darauf kommt Langeland mit Keldsnor in Sicht. Der Dovnsklint, angeblich Dänemarks windigste Ecke, überzeugt uns diesmal vom Gegenteil. Der Wind hat für heute bereits sein Tagewerk vollbracht und langsam setzt die Dämmerung ein. Die letzte Meile bis Bagenkop brauchen wir den Flautenschieber ... und stellen fest, dass die rotgrüne Koalition am Bugkorb nicht zum Leuchten zu bringen ist.
Um 1845 sind wir nach knapp 26 sm fest. Der Hafen ist leer, drei, vier Gastlieger sind noch hier, die Saison geht wirklich zu Ende.
Freitag, 05. + Samstag 06. Oktober, Hafen(sonnen)tage in Bagenkop
Ich mag dieses Fischernest Bagenkop mit seinen Zaunkönigen (o.r.). Sydlangelands Maritime Efterskole, die Seemannsschule direkt am Hafen erinnert mich an die eigene seemännische Ausbildung, in den späten Sechzigern auf dem Schulschiff "Deutschland" in Bremen. Dazu die knorrigen Fischer. Manchmal „versinken“ sie wohl in ihren Fischerhütten (o.l.) und dann scheint die Zeit stillzustehen. Da sitzen die Männer bei Carlsberg und zollfreien Zigaretten, geraten ganz sicher in schwere See und von ein paar freizügigen pinup-girls an der Wand gut behütet wird ihnen schon nichts passieren - außer vielleicht später zuhause. Draußen vor der Seemannsschule hat man den Vätern dieser Salzbuckel ein Denkmal gesetzt. Volltreffer.
Nach dem Aus der Fährverbindung Kiel – Langeland schien auch hier die Zeit stillzustehen, nun verändert sich Bagenkop. Die neuen Häuser im Hafen (unten) läuten eine andere Zeit ein. Ein Steinwurf weiter wird nordwestlich der Kirche die Landschaft umgekrempelt, auch hier ein Neubaugebiet mit Blick auf die Marstalbucht und da verschwindet wirklich ein Stück Natur, schade eigentlich. Wer wird hier wohnen oder sind es noch mehr Ferienhäuser? Hoffentlich nicht, dafür sind die viel zu groß.
Wir tauchen immer tiefer in dieses Bagenkop und haben bald alle Straßen durch (das sind nicht so viele). Im Elektroladen ersteht Sabine einen wunderschönen getöpferten Krug. „Den hat Ulla gemacht“, deutet die Verkäuferin auf das Haus gegenüber. Von Svendborg und Avernakø war doch eingangs die Rede? Vergiss' es, vielleicht morgen ... Wir haben Zeit, bleiben im Hafen, die Crew repariert das Zweifarbenlicht, bringt die Logge wieder in Schwung, genießt die Ruhe, die Sonne und hält irgendwie die Zeit an. Vielleicht wie die Eingeborenen im Dschungel, die das Tempo ihrer weißen Antreiber nicht mitgehen wollen, weil ihre Seele nicht mehr mitkommt ... davon hast Du bestimmt schon gelesen. Ist ja auch egal, jedenfalls gefällt unserer Seele dieser Sonnentag. Am Nachmittag führen wir das Vokalbeltraining mit dem Plotter ein und schaffen 25 Seiten der Bedienungsanleitung. Wir genießen einfach das Leben auf unserer neuen "Kalami Star". Und vor dieser Kulisse setzen wir unser Boot so richtig in Szene.
Das sieht doch ganz gut aus hier unten oder?
"Ausgeflaggt": Skipperin und Skipper
Wir wollen uns bei Neptun für den bisherigen Kurs bedanken, uns von „Kalami“ verabschieden und den neuen "Katinka" - Eignern allzeit gute Fahrt wünschen. Natürlich den Vorbesitzern alles Gute mit dem neuen Schiff, den Namen „Surprise“ verabschieden, den neuen Schiffsnamen begrüßen und das natürlich mit Freundinnen und Freunden feiern. Meer nicht.
Und wir haben so ein unverschämtes Glück an diesem 03. Oktober, Traumwetter insbesondere an Steg 5/110 in Heiligenhafen. Endlich ist von Sommer die Rede und die „Surprise“ mit allem beflaggt, was Schiff und Keller so hergeben.
Ein ganzes Wochenende haben wir gekocht, gebacken, Getränke gekauft, für die Deko gesorgt, die Zeremonie abgestimmt, nur der Schiffsname auf Folie fehlt noch (wird 24 h vorher geliefert) alles andere ist vorbereitet. Nur Blumen müssen wir noch in Heiligenhafen besorgen, die überleben den Transport nicht. Doch dann stehen wir auf der A7, auf der A1 und längst haben die Läden geschlossen. Also muss ein kleiner „Notstrauß“ aus dem Supermarkt einspringen. Alles bedacht? Nein, die Servietten fehlen? Ach da sind die!
Die Vorbesitzer trudeln viel zu früh ein und müssen leider vor der Taufe wieder los – das neue Schiff gibt einfach keine Ruhe. Dann sind wir im Plan, aber nun stecken einige Gäste im Stau auf der A7/A1. Also starten wir eine halbe Stunde später als geplant mit der Begrüßung durch den Skipper:
Liebe Freundinnen und Freunde, zunächst möchte ich Neptun und sein Gefolge ganz herzlich hier an Bord begrüßen, auch wenn nicht alle hier am Steg Neptun und seine Helfer auch wirklich sehen können – er wird euch sicher noch die Augen öffnen.
Also willkommen an Bord Neptun, Herrscher aller Meere, Flüsse und Seen. Am 17. August 1967, hast Du mich sündigen Seemann vom Schmutz der Nordhalbkugel gereinigt und an Bord des Motorschiffes „Treuenfels“, auf dem längsten aller Breitengrade, auf den Namen Schwertfisch getauft. Diesem Namen habe ich hoffentlich seitdem alle Ehre gemacht und deshalb gilt Dir, Neptun, mein Dank für den bisher so wunderbaren Kurs…
Wer die vollständige Taufrede lesen oder downloaden möchte …
Danach Sabine an die Taufgemeinde: Nun wollt ihr wissen, auf welchen Namen unser Schiff getauft werden soll? Dann hört, was Neptun vorgeschlagen hat:
Er weiß natürlich, dass wir uns auch seglerisch weiter entwickeln werden. Mit unserem ersten Schiff, lernten wir buchstäblich binnen & buten die ersten Segellektionen. Dabei machte unsere 6,50 m „flexibel“ ihrem Namen alle Ehre, weil sie flexibel auf dem Steinhuder Meer, auf der Autobahn, der Schlei, der Flensburger Förde und schon mal vorsichtig in der Dänischen Südsee gesegelt werden konnte. Mit „Kalami“ segelten wir ab 2003 die ersten längeren Kurse auf der Ostsee. Die bisher weiteste Reise führte uns nach Samsø und den letzten Törn segelte Ralf voller Stolz im Juni erstmals Einhand rüber zur Mittsommernacht nach Bagenkop.
Zukünftig werden wir zu weiter entfernten Küsten reisen. Damit wir überall gut und sicher ankommen, will uns Neptun seinen guten Stern an die Hand geben, der unseren Kurs bewachen und beschützen soll. Und das Kalami ein schöner Ort auf Korfu ist, an dem uns vor sieben Jahren das Segelvirus infiziert hat, wisst ihr inzwischen alle.
Der gute Stern und Kalami passen wunderbar zusammen und Neptun weiß, dass wir uns mit Kalami und dem Stern positiv verbunden fühlen. Möge Kalami stets diesem guten Stern folgen.
Sodann taufe ich dieses Schiff auf den Namen „Kalami Star", wünsche Schiff und Crew allzeit gute Fahrt und stets eine handbreit Wasser unter dem Kiel - bei dieser Zeremonie gibt es überraschend ein Problem, weil der Korken partout nicht aus der Flasche will, so sehr Sabine auch schüttelt … nicht ahnend, dass Hanse Yachts Schraubverschlüsse für den Werftsekt verwendet. Dies aber nur am Rande, hören wir lieber Sabine weiter zu:
Mit diesem Schiffsnamen fühlen wir uns Ort und Stern noch mehr verpflichtet. Insofern wird der Virus „Kalami Star“ sicher auch andere Menschen infizieren, damit sie die angenehmste Form des Reisens kennen und schätzen lernen. Neptun sei Dank und willkommen Bord. Lasst uns nun auf unser neues Schiff anstoßen.
Die bis dahin noch verschleierten Schiffsnamen an der Bordwand werden mit dem Spifall gelüftet, die Taufgemeinde applaudiert vor Begeisterung … vermutlich eher weil es endlich Essen & Trinken gibt. Somit findet auch diese Zeremonie ihr gutes Ende und die Plicht fasst locker 12 gut gelaunte Personen. Zwiebelkuchen, Sekt und Seemannsgarn machen die Runde und irgendwann erzählt jede/r ihre/seine eigene Geschichte vom Segeln, aber da wagen sich die Ersten schon an Kaffee und Kuchen.
Mit dem sundowner segeln die verschiedenen crews irgendwann in alle Winde, nur die Besatzung der „Altera“ und der „Mercy“ zieht es am Abend noch einmal in den Keller der „Kalami Star“, bis auch die nachweislich letzten Rotweinreserven ihre allerletzte Reise angetreten haben.
„Von dem Tag, der so wunderschön wie heute ist …“, singen wir lieber nicht, aber so oder jedenfalls so ähnlich hatten wir uns die Taufe vorgestellt. Ein schöner Tag. Herzlichen Dank an unsere Gäste für die zum Teil mühsame Anreise und für die wunderbaren kleinen und großen Geschenke. Vielen Dank natürlich auch für die Geschenke unserer Freunde aus der Heimat, die leider nicht in Heiligenhafen dabei sein konnten.
Ohje, Dich hätte ich beinahe vergessen Neptun. Vielen Dank und hier unten zeige ich Dir noch einmal die erste Reihe Deiner Taufgemeinde. Die sind jetzt auf Kurs.
Die Fotos sind von den segelnden Fotografen und Kameraleuten Uli und Bernd. Vielen Dank.
Wer mag, kann das alles hier nachlesen:
Wolfgang wird der Maschsee und überhaupt das Binnensegeln langsam zu eng. Er will an der Küstenfahrt schnuppern, viel lernen „…und vielleicht steige ich danach in einen SKS-Kurs ein“.
Claudia fährt so gern Fahrrad, besonders an Ihme, Leine oder Maschsee, aber Segeln? "Noch nie, jetzt will ich das endlich probieren!"
Daggi traut sich inzwischen fast alles, aber warum um Himmels willen Segeln? "Ich habe so viel auf Deiner Seite gelesen, ich will endlich mal selbst dabei sein".
Ralf freut sich auf das feeling in dieser "gefühlten" Segel-Wochenend -WG und ist auf den Ausgang der Reise sehr gespannt. Ziel: Alle „sollen“ gern wieder kommen.
Freitag, den 21. September: Heiligenhafen – Großenbrode
Wetter: SW – W 3 - 4
Die Crew hat bestimmt zu viel Proviant gebunkert, aber egal, damit sind wir auf der sicheren Seite und können zur Not sogar eine ganze Woche segeln. Das Stauen und Zurechtfinden an Bord geht zügig, die Kojen sind ratzfatz bezogen, die Sicherheitseinweisung und der Gebrauch der Seetoilette stellt die Newcomer vor keine größeren Probleme, Gas und Seeventile sind klar, dann die Einführung in Seekarte, Wetter, Funke, Ölstand okay, nun geht's an Deck weiter.
Die absolute Beginners erfahren vom Notruder, der Lenzpumpe, den Feuerlösch- und Seenotsignalmitteln, was sonst noch in Backskisten und an Deck gestaut ist, werden in ihre Rollen eingewiesen und um 1730 fiert Claudia die Vorleinen, Daggi und Wolfgang holen die Achterleinen durch und die „Surprise“ schiebt langsam rückwärts aus der Box. Leinen und Fender werden verstaut, ein unaufgeregtes Ablegemanöver bei optimalen Bedingungen. Die Maschine schnurrt und die ersten Steuerversuche bringen noch im Fahrwasser sichtbar Freude in die Augen der unerfahrenen Steuerleute. Dann stehen Groß und Genua auf Raumschotkurs, Ruhe kehrt ein und Anspannung wird zur Gelassenheit. Claudia summt, „I am sailing“ und Daggi möchte, dass Claudia bloß nicht aufhört, während der 17 m hohe Mast „beinahe“ die Fehmarnsundbrücke kratzt (22 m Durchfahrthöhe). Inzwischen steht Wolfgang am Ruder und gibt, als erfahrener Maschseesegler, eine routinierte Vorstellung hannöverscher Steuermannskunst.
Der niegelnagelneuen Hanse, mit der wir in Heiligenhafen losgesegelt sind, können wir leider nicht folgen, aber sie gibt uns in der Dämmerung Orientierung zur Ansteuerung von Großenbrode. Dort im „Tuckers“, das habe ich der Crew versprochen, gibt es leckere Spare Ribs, doch bis dahin sind es noch ein paar Meilen durch Dämmerung und schließlich absolute Finsternis wenig später im Fahrwasser zum Großenbroder Binnensee und zur Klemens Werft. Per Handscheinwerfer hangeln wir uns vorsichtig von Tonne zu Tonne, haben endlich die Hafeneinfahrt voraus und rutschen um 2030 in die letzte freie Box.
Ein paar Minuten sind wir dann wohl doch zu spät im rappelvollen „Tuckers“, die Dschunxx am Tisch nebenan räumen gerade die letzten Spare Ribs ab. Die „Surprise“ Crew geht leider leer aus. Na ja fast, der Smut kriegt uns schon noch satt, aber der Skipper auch sein „Fett ab“. Da hatte ich den Mund wohl doch zu voll genommen.
Samstag, den 22. September: Großenbrode – Neustadt
Wetter: SW 5, Böen bis 6 Bft.
Wenn sich der Sommer verabschiedet wird zum Saisonabschluss vor Großenbrode der „Kai-Cup“ der Yachtwerft Klemens gesegelt und damit ist klar, warum wir gestern keine Spare Ribs bekommen haben. Dafür kann die Crew heute ohne Ende duschen (keine Polletten, kein € extra, keine Zeitbegrenzung, überhaupt verdient der Liegeplatz bei Klemens ***** Sterne) und „downtown“ gibt's die richtigen Brötchen zum Frühstück. Um 1110 sind wir wieder „draußen“. Vorsichtshalber werden zunächst Schwimmwesten angelegt, bei uns ab 5 Bft. obligatorisch, doch dann schwächelt der Wind runter auf 3 Bft., bleibt ganz weg und meldet sich später ganz vorsichtig aus O zurück. Wir hangeln uns unter Segel und Motor die Küste runter, geben unsere begnadeten Körper der Sonne hin und haben den Plan, heute auch noch von Neustadt nach Travemünde zu segeln, längst bei Dameshöved baden gehen lassen. Der Wind lässt uns ganz schön hängen. Die Crew ist dennoch von der „Küstensegelei“ begeistert. Strand, Steilküste, Wald, dazwischen Dahme, Kellenhusen, Grömitz und ein Campingplatz folgt dem Nächsten.
Bei Pelzerhaken Süd erreichen wir die Neustädter Bucht und damit einen der grausamsten Kriegsschauplätze der Ostsee. Was nur wenige Segler wissen, aber durchaus auch mal hierher gehört, kannst Du ausführlich bei Wikipedia nachlesen; zu diesem Theme hat die Stadt Neustadt im Kremper Tor ein Cap-Arcona-Museum eingerichtet. Worum geht es? Auszüge aus Wikipedia:
„Am 3. Mai 1945 trieben die „Cap Arcona“ und die „Deutschland IV“ in der Lübecker Bucht zwischen Neustadt und Scharbeutz. Da die Schiffe nicht als Flüchtlingsschiffe gekennzeichnet waren, wurden sie von alliierten Fliegern für Truppentransporter gehalten und in Brand geschossen. Die Schiffe sanken alle, bis auf die „Cap Arcona“, die zwar kenterte, aber aufgrund der geringen Wassertiefe nicht versank. Rund 7.000 bis 8.000 KZ-Insassen auf der „Cap Arcona“ und der „Thielbek“ verbrannten oder ertranken, nur ein Teil von ihnen gelangte an den Strand, wo noch einmal ca. 400 von der SS , von örtlichen Wehrmachtsangehörigen, Hitlerjungen und in Einzelfällen sogar von Ortsansässigen getötet wurden“.
Ich erzähle das, weil das Schicksal meiner Familie untrennbar mit der Versenkung der „Wilhelm Gustloff“ verbunden ist und weil ich dankbar dafür bin, dass wir heute in dieser wunderbar friedlichen Landschaft leben und segeln dürfen.
Zurück in die Gegenwart: Wie an einer Perlenschnur gezogen fädeln sich die Boote ins Neustädter Fahrwasser ein, gehen rüber in die Ancora Marina, in den Neustädter Segler Verein oder am Fjordufer entlang in die Boxen. Noch immer zieht uns die Genua den Fjord aufwärts, bis sie mangels Wind vom Flautenschieber abgelöst wird. Die Sonne meint es gut mit uns und beleuchtet einen Sommernachmittagstraum. Wir motoren den Fjord bis zur Brücke aufwärts, genießen Hafenpanorama, „Skyline“ und gehen abseits der lauten Straße nach 21 sm um 1800 in die Box. Beinahe gegenüber das TV-Studio der Küstenwache. Hier sind wir also in Sicherheit.
Wie alte „Salzbuckel“ erledigt die noch unerfahrene Crew die Anmeldung beim Hafenmeister, während sich der „Veteran“ in der Pantry nützlich macht. Im Cockpit wird in der Abendsonne gegessen, nee, genossen muss es besser heißen, bevor der Skipper „seine“ Crew an Pagodenspeicher und Binnenwasser vorbei auf den Marktplatz lotst. Längst ist es dunkel und die Lichtspiele zwischen Rathaus und Stadtkirche entfalten ihren blau-weißen Charme. Schön ist es hier und wer mehr über Neustadt i.H. sehen & lesen möchte geht am besten über die homepage der Stadt in die „Galerie“.
Sonntag, den 23. September: Neustadt – Heiligenhafen
Wetter: S 2, später zunehmend 3, Küstennebelfelder
Aufregung dringt gegen 0700 durch den Frühnebel. Ein paar Jugendliche haben in der Nacht Rettungsringe ins Wasser geworfen, Wasserhähne auf dem Steg aufgedreht, „aber“, so höre ich im Halbschlaf aus der Ferne die Stimme des Hafenmeisters, „… ich weiß auf welchem Schiff die sind!“ Nun bin ich wach. Die beiden Dschunxx der „Surprise“, die auch schon in Großenbrode erfolgreich Brötchen eingekauft haben, gehen auch diesmal wieder auf Einkaufstörn. „Gehören sie zusammen?“ fragt die Bäckereifachverkäuferin und errötet zart als ich nachfrage, wie das denn gemeint ist. Okay, ist nicht so witzig, aber wir kriegen die Brötchen und lassen uns sonntäglich viel Zeit – es ist ohnehin noch zu viel Nebel auf dem Wasser.
Um 1040 legen wir ab und tasten uns durch den Nebel ins Fahrwasser. Alle Lampen brennen, das Nebelhorn liegt bereit und durch 20 bis 30 Boote, die sich wohl zu einer Regatta verabredet haben, mauscheln wir uns auf Kurs zum „Kardinal“ Pelzerhaken Süd. Als wir unverhofft aus der Milchsuppe ins Licht fahren (s.o.) sehen wir achteraus die von DP07 angekündigten Küstennebelfelder wie eine weiße Wand vor der Küste. Ein tolles Bild. Nur die Spitzen der Windräder grüßen „über den Wolken“.
Kein Wind weit und breit. Auch nicht vor Grömitz und nicht nach Passieren von Dameshöved.
Dann doch noch 1 - 2 Bft. aus SO. Eigentlich kaum der Rede wert, aber bei dem Traumwetter wäre die weitere Motorfahrt nun wirklich unanständig, da musste einfach segeln. Offenbar hat Rasmus diesen Hinweis verstanden und schickt uns jetzt 'n glatten Dreier. Nun kommt sogar der Blister zu seinem Kurzeinsatz – vielleicht wollte Rasmus prüfen, ob der Skipper die Blisterfahrstunde des Überführungstörns verinnerlicht hat. Hatter, liebe Leserinnen und Leser, der Blister sorgt sogar für ein wenig mehr Vortrieb, aber die Najad, die wir eigentlich „kassieren“ wollen, sehen wir nicht wieder, der Wind hat beinahe für heute fertig und hinterlässt eine demoralisierte Steuerfrau, die nun wirklich alles gegeben hat. Noch einmal „kratzen“ wir beinahe an der Fehmarnsundbrücke und eine auffrischende Brise segelt uns auf Halbwindkurs in den Heimathafen. Nach 26,5 sm sind wir um 1730 wieder an 110 in Heiligenhafen fest, die Erde hat ihre WG wieder im "richtigen" Leben. Schade eigentlich.
Und wie war's? Claudia bringt nächstes Jahr ihre Freundin mit. Daggi strahlt mit dem gewonnenen Selbstbewusstsein um die Wette und Wolfgang meldet sich für den SKS-Kurs an. Und, sind die nächstes Jahr wieder mit dabei. Klar!