Die allererste Reise - beinahe für die ganze Crew
Freitag, 25.04.08
Von wegen Segelerfahrung, weder Kerstin, Annette, Andreas oder Frank (von links nach rechts) sind je gesegelt - nur Tatjana (Mitte) weiß, wo es lang geht. Und von wegen Angst - Starkwind kann im April durchaus ein Thema sein - aber diese Crew lässt sich jedes Jahr selbstbewusst auf ein neues Abenteuer ein, die Besatzung versteht sich prima und niemand scheut ein offenes Wort. Da kommt richtig Freude auf. 2008 nun also Segeln und die erste Crew des Jahres wird standesgemäß vom Skipper begrüßt (u.r.), willkommen an Bord.
Nunja, die ganze Reise hätte einen wirklich günstigeren Verlauf nehmen können, wenn nicht Annette gleich nach der Ankunft beim Captains Schampain ein Foto ihres neuen Deckchairs herumgereicht hätte. Genau wie auf dem 1912 gesunkenen Luxus-Eisbrecher sieht nämlich Annettes neuer Deckchair aus. So ein Deckchair weckt natürlich Erwartungen und offenbar tummeln sich die Schönen und Reichen aus Hannover und umzu werktäglich auf Annettes heimischem Sonnendeck (Foto rechts).
Völlig klar, dass am nächsten Tag die ganze Crew hinaus in die Sonne drängen wird, aber dafür steht eben nur das pure Teakdeck, 2001 von der Yachtwerft Heiligenhafen mühevoll verklebt, zur Verfügung. Wird das den Ansprüchen dieser Crew gerecht, ein Deckchair passt doch nichtmal in die Backskiste?
Der Skipper versucht verzweifelt ein anderes Thema auf die Agenda zu setzen und lädt zum traditionellen Hafenspaziergang ein, damit natürlich auch die lokale Wirtschaft angekurbelt wird. Am Ende landet die Besatzung im "Seestern" und verlustiert sich an den heimischen Fischgerichten. Das Thema Deckchair schlummert danach seelenruhig in den diversen Kojen ... noch mal Glück gehabt.
Sa. 26.04.08, Heiligenhafen - Travemünde
Wetter: W bis SW 3, rückdrehend, anfangs diesig
Strahlendes Wetter und das erste akzeptable Wochenende des Jahres. Die Crew will endlich raus auf's Wasser, aber sicher ist nun mal sicher und hier unten links demonstriert Andreas, was so alles in einer Schwimmweste steckt. Die obligatorische Sicherheitseinweisung an und unter Deck zieht sich ziemlich in die Lääänge ... aber nun wissen alle, dass ab fünf Beaufort (Bft.) Schwimmwesten zu tragen sind, heute haben wir gut drei davon.
Um 1000 (die Uhrzeiten werden an Bord so und nicht anders angegeben) sind wir raus und zum Eingewöhnen laufen wir zunächst unter Maschine. Und wer steuert? Die Mädels, die Dschungs räkeln sich lieber lasziv in der Sonne. Dennoch ist es auf dem Wasser empfindlich kalt, die Ostsee misst gerade 9°, doziert der Skipper und erzählt ungefragt von thermischen Tiefs und der See- Landbrise. Hört ihr mir überhaupt zu?
Um 1110 wird die Fehmarnsundbrücke passiert und endlich um 1130 die Segel gesetzt. Der Wind kommt konstant aus W, das Steuern wird schon bald ein bisschen langweilig und so gibt sich auch die Damenwelt den newtonschen Gesetzen hin. War da nicht mal was mit einem Vermummungsverbot? Völlig unbeeindruckt von den Faserpelzen zeigt der Autopilot souverän seine Stärke und die Crew kann in aller Ruhe die Seele baumeln lassen, ihr habt es euch verdient. Großenbrode rauscht vorbei, Dameshoved, Grömitz in der Ferne und aus dem Radio die Bundesligashow. Unsere Roten verlieren 2 : 2 gegen Hertha, wir fassen es nich. Wie kann man nur ein 2 : 0 wieder versemmeln, ist sich die "Kalami Star" Fankurve einig.
Endlich kommt Travemünde in Sicht, jedenfalls das Maritimhochhaus, mit Deutschlands höchstem Leuchtturm auf 104 m ganz obenauf, während wir an Steuerbord noch Neustadt passieren. Endlich angekommen ist auf der Trave viel Verkehr und die noch unerfahrenen Steuerleute sind ein wenig aufgeregt, kriegen das aber locker hin. Nach dem Anleger im Fischerei- und Yachthafen zur Begrüßung der traditionelle Sherry vom Skipper - wobei sich die Crew mit einem Anleger gar nicht erst zufrieden gibt. Nein, beinahe so, als gäbe es einen Rechtsanspruch auf den vorzüglichen Sherry und noch viel mehr davon, wird der mit wenig Respekt getrunken - das hier ist doch kein "all inclusive Dampfer"! Hoffentlich hat Neptun Verständnis für die unerfahrene Crew und dazu morgen einen guten Tag, die sind sonst gar nicht so.
Naja und so ganz lupenrein verlief das Anlegemanöver auch nicht. An dieser Stelle sei nicht verschwiegen, dass der Skipper eine relativ enge Box angesteuert hat und wer die modernen Yachten kennt weiß, dass die Flaggenstöcke gegen jede Tradition nicht mehr mittschiffs, sondern unfallträchtig an Steuerbord oder noch schlimmer an Backbord befestigt sind. In dieser recht engen Box ging jedenfalls der Flaggenstock zu Bruch und niemand weiß mehr so genau, wie das geschehen konnte. Der Adenauer jedenfalls hing nicht mehr Deutschland, Deutschland über alles, sondern kopfüber, also gold oben und schwarz unten, und das gerade noch am seidenen Faden. Das Thema Deckchair hing durch dieses Malheur zum Glück noch tiefer, psst.
Adenauer hin oder her, wir sehen "Kalami Star" (o.l. mit dem hohen Mast) im Hafen und die durstige Crew vor der Bestellung infrastruktureller Maßnahmen zugunsten notleidender Fischer.
Natürlich gibt's Fisch und Bratkartoffeln satt und dazu die wunderbare Aussicht auf die Trave mit den riesigen Fähren. Wie schade nur, dass Niederegger keinen Nachtisch spendieren will (geschlossen). Der nächtliche Blick auf die "Passat" entschädigt für entgangene süße Gaumenfreuden. Was für ein wunderbarer Tag, nur dass es sogar an Land noch schaukelt ... wie soll man sich dabei nur die Codenummer für die Dusche und noch eine zweite für das Hafentor merken?
Sonntag, 27.04.08, Travemünde - Heiligenhafen
Wetter: Umlaufend 2
Vielen Dank für die vielen Fotos Annette. Das Foto des Titanic-Deckchair ist aus dem www.