Wir erinnern an das Kranen im Herbst 05, als wir vor dem Absetzen des Bootes auf den Trailer einen minimalen Spalt zwischen Kiel und Rumpf entdecken. Auf dem Foto rechts ist der nicht mal milimeterbreite Spalt, der durch das Bootsgewicht geschlossen ist, gut zu erkennen. Noch deutlicher wird der Sanierungsbedarf, weil der Spalt nicht trocknet. "Das kann teuer werden", kalkuliert der Bootsbauer, "das Boot muss im Kran angeliftet werden damit wir Kiel und Rumpf trennen können. Dann wird der Rumpf auf dem Trailer abgepallt, die Flächen an Kiel und Rumpf von Harzresten gesäubert, schließlich neu abgedichtet, bevor der Rumpf wieder auf den Kiel gesetzt und neu verbolzt werden kann".

Lange haben wir überlegt, wie wir den Preis für die kostspielige Sanierung reduzieren können.
    

Dem Rat befreundeter Segler folgend handele ich mit dem fairen Bootsbauer Eigenleistungen aus, die nicht die Gewährleistung beeinträchtigen. Der Skiurlaub wird aus Kostengründen von den Alpen in den Harz verlegt und Ende Februar Anfang März ist es immer noch so schweinekalt, dass an Eigenleistungen im Tiefkühlwinterlager nicht zu denken ist. Wir fahren trotzdem am ersten Märzwochenende nach Fehmarn und haben Mühe, überhaupt unfallfrei anzukommen. Die A1 gleicht einer Eispiste (das Foto unten entstand in Höhe Travemünde) und die Halle von Jürgen Kölln einem Eiskeller. Trotzdem, wie vereinbart lösen wir die acht Kielbolzen und bereiten an Bord alles für die Sanierung vor, schließlich wollen wir am 1. April kranen.

 
    
"Das Kranen am 1. April könnter vergessen", mailt der Hallenbetreiber Mitte März, "aufgrund des langen Winters geht kein Boot aus der Halle und zuerst müssen die fünf Charterboote raus ..." Dann wird plötzlich doch eiskalt rangiert, werden Boote hin und her geschoben, hängt "Kalami" wie vereinbart zur Kielsanierung am Kran und plötzlich das: Obwohl alle acht Kielbolzen gelöst sind lassen sich Kiel und Rumpf nicht trennen. Erst nachdem zwei unter dem Motorfundament vollständig einlaminierte und dazu eingeschäumte Kielbolzen entdeckt und mit viel Aufwand freigelegt und gelöst werden, lässt sich der Rumpf vom Kiel trennen. Welcher Vorbesitzer ist nur für diesen Schwachsinn verantwortlich, den wir mit 800 € zusätzlich teuer bezahlen müssen!

Sei's drum. Inzwischen härtet die Dichtmasse aus (Foto links, vielen Dank an Christian von der "Arkona") und dem Krantermin am 1. April steht scheinbar nichts mehr im Weg.

    

Fehmarn wir kommen und am Mittwoch, 29. März beziehen wir das wohl kleinste Ferienhaus der Insel, dass sich von innen nicht so klein anfühlt als würden wir hier nur parken. Vermutlich war unser Winterlagerferiendomizil früher mal eine vornehm verklinkerte Garage, aber wir sind hier schließlich nicht im Urlaub, wir wollen unsere "Kalami" auf die Sommersaison vorbereiten.

    

"Kalami" steht derweil warm und trocken in der Halle von Florian Rößlers Yachtkontor. Uns bleiben zwei ganze Tage für den Einbau des neuen Fäkaltank, zur Überprüfung der Elektrik, Einbau des Navtex, für das Propellerantifouling, für das Gaszertifikat, der Mast wird vorbereitet und der Windgeber funktioniert endlich wieder. Statt in der eiskalten Winterlagerhalle sind wir hier warm und trocken untergebracht und haben das Vergnügen einer täglich 10stündigen Beschallung durch eher schwermetallische Mucke. Da kriegste was auf die Ohren…

    

Nicht alle Arbeiten können wir selbst erledigen. Die Macke in der Elektrik, an der sich bereits andere Mitsegler versucht haben, finden wir nur mit professioneller Unterstützung hinter der Verkleidung im Kleiderschrank und für das Vernieten der Saling ist die eigene Poppnietzange leider eine Nummer zu klein.

    

Pünktlich am Samstag den 01. April sind alle Arbeiten erledigt - sehen wir mal vom Frühjahrsputz ab. Nach der Schufterei kommt Wilhem mit dem Trecker, "Kalami" wird hinten drangehängt, segelt aus der Halle, ...

    

... aus dem Winter, rein in die Sonne (jedenfalls für ein paar Minuten) und hinein in die Ostsee. Wir sind wieder da! Nun noch den Mast gestellt und auch das klappt für das zweite Mal als Skipper wirklich prima. Der Motor springt an als hätte es nie einen Winter gegeben, aber den Ölwechsel und die Motorinspektion lässt der robuste MD 11C von Volovopenta gern über sich ergehen. Der Volvopentamitarbeiter beantwortet geduldig alle Fragen, z.B. nach den hellblauen Abgasen, die der Motor produziert (mit der robusten Maschine kein Problem). Oder warum beim Anlassen immer ein winziger Ölfilm mit dem Kühlwasser außenbords geht (da müsste die Maschine generalüberholt werden, macht ca. 7.000 €. Vielleicht müssen auch nur die Düsen neu eingestellt werden, ca. 270 €). Das ist ja ein Schlag ins Kontor und als hätte der Himmel zugehört, fängt er bitterlich an zu weinen - da oben ist unser Kontostand zweifellos bekannt.

Imke, Christian und ihre "Arkona", die drei haben wir im Winterlager kennen gelernt, sind indessen vermutlich längst in Heiligenhafen angekommen, als wir um 1630 Uhr auslaufen. 5 Bft. aus S sowie Schauer- und Gewitterböen sind vorhergesagt, aber zum Glück machen nur die Schauer von ihrer Vorhersage ausgiebig Gebrauch.

    

Anfangs motoren wir noch trocken gegenan und Skipperin und Skipper ist die Vorfreude auf die neue Saison durchaus anzusehen, aber als wir um 1705 Uhr das Fehmarnsundfahrwasser erreichen ist längst Berufskleidung angesagt, Regen satt und von Wind dabei keine Spur. Um die 5° Grad machen aus der Überfahrt beinahe eine Winterreise. "Hey, bloß weg hier und rüber zu einer traumhaften Sonneninsel, von mir aus mit ner malerischen Cumuluswolke als weithin sichtbare Ansteuerung", beame ich mich aus dem Schauer in eine ganz andere Welt, aber die Fehmarnsundbrücke holt mich schnell zurück ins heimatliche Fahrwasser. Von wegen Bacardi im tiefen Süden, Jever gibt's hier im hohen Norden oder eben Flens!

    

Nach dem großen Schauer passieren wir um 1735 Uhr die Fehmarnsundbrücke und wie ein gutes Omen öffnet sich knapp eine Stunde später der Himmel über Heiligenhafen. Kurz darauf haben wir den kleinen Heiligenhafener Leuchtturm querab, dann Orthmühle, das Graswarder und um 1845 Uhr sind wir endlich wieder an Steg fünf "zuhause".

    

Hundert Boote haben an Steg fünf Platz und neben einem kleinen Motorboot werden wir in dieser Saison die ankommende Nummer zwei. Der freie Blick Richtung Graswarder hält wohl nur noch ein paar Tage, dann hat uns sicher auch der "Sommer" wieder, fragt sich nur noch wann..?