Logbuch vom 4. bis 20. August 03

„Rund Fünen mit der Yacht“ heißt das Buch von Timm Stütz und Joachim Meyer, das uns in den nächsten Urlaubswochen um die große dänische Insel Fünen lotsen soll. Natürlich haben wir die auf den aktuellen Stand korrigierten Seekarten dabei, verschiedene Reiseführer, Langenscheidts Universal Wörterbuch Dänisch und das GPS-Handy. Das Unterwasserschiff unserer „flexibel“, einer Varianta 65, wurde bei FSA, von Roststellen befreit, gesandstrahlt, gespachtelt und mit VC17M geschützt. Nach den Erfahrungen des letzten Jahres, nehmen wir längere Festmacher, ein leichteres, aber größeres Überzelt und erstmals einen 15 Liter „Kühlschrank“ auf die Reise mit. Der ist in diesem Supersommer bestimmt unentbehrlich. Morgen geht's los.

Montag, 04. August 03, 1. Tag: Fahr'n, fahr'n, fahr'n auf der Autobahn

Gegen 16, 17 Uhr wollen wir den Yachthafen der WSG-Arnis an der Schlei erreichen und müssen demzufolge spätestens um 12 Uhr den heimatlichen „Hafen“ Hannover verlassen. Über die A 7 werden wir ca. vier Stunden für diese Strecke benötigen. Telefonisch informiere ich vorab den Hafenmeister der WSG-Arnis, damit wir noch am späten Nachmittag ins Wasser geliftet werden. „Alles kein Problem, ich bin ja hier“, bestätigt der Hafenmeister.

Aber wir kommen nicht um 12.00 Uhr los, stecken vor dem Elbtunnel im Stau, streichen den Einkauf beim Yachtausrüster Niemeyer (hinter dem Elbtunnel) und dann läuft uns erst recht die Zeit davon. Per Handy informieren wir von der Autobahn den Hafenmeister in Arnis und fragen, ob er uns auch noch um 19.00 Uhr ins Wasser bringen kann, doch der hat uns gar nicht auf seiner Rechnung, staunen wir, „…davon weiß ich nichts“ und noch schlimmer, „…ich kann sie sowieso nicht kranen, weil gerade eine Yacht zur Reparatur in den Gurten hängt. Da müssen sie woanders hin.“ Wir sind platt und entscheiden uns spontan für Schleswig. Natürlich ist die Schranke zum Wiking Yachtclub längst geschlossen und der Hafenmeister hat um 18.00 Uhr Feierabend gemacht. Also mit dem Trailer hintendran die enge Straße 200 m rückwärts, hinter der Kurve wenden und rüber auf die andere Seite der Schlei, zum Schlei Segelclub Schleswig, ganz dicht am Zentrum.

Wir haben unverschämtes Glück. Eine Gruppe älterer Segler restauriert gerade einen auf der Pier aufgebockten kleinen Ausflugsdampfer und „…selbstverständlich kranen wir sie noch ins Wasser.“ Wohl nirgends an der Schlei hätte es diese Möglichkeit gegeben, aber um 20.30 Uhr hängt „flexibel“ in den Gurten und „kehrt zurück in die Schlei“.

Eine Stunde später steht der Mast, der Baum wird angeschlagen und erst ganz zum Schluss bemerken wir, dass wir die Flaggleinen vergessen haben. Den Mast noch mal runter? Über eine an Deck gestellte kippelige Leiter lösen wir auch dieses Problem, sodass wir mit dem Stander des Segelclub Mardorf zeigen können, woher wir kommen und auf der Steuerbordseite zeigen, wohin wir segeln, genau dahin gehört die dänische Flagge - wenn's denn so weit ist.

Dienstag, 05. August 03, 2. Tag: Jetzt geht's los

Nach dem Frühstück gibt es einiges zu tun: Die Einkaufsliste wird bei ALDI und Marktkauf planvoll abgearbeitet, danach versuchen wir im Segelladen an Landstromstecker und weiteres Zubehör zu kommen. Zwar kriegen wir nicht alles, aber immerhin kann ich uns wenigstens den Landstromadapter zusammenschrauben. Nun hängt der „fridgemaster“ (Kühlschrank) auch wirklich an unserem Kabel. Bei seit Wochen stabilen 30 o wenigstens ein kühles Fleckchen an Bord. Das Verstauen der Lebensmittel stellt Sabine ein ums andere Mal vor eine Geduldsprobe. Immer wieder müssen die Kisten umgestaut werden, damit auch noch die letzte kleine Dose mitkommt und – viel wichtiger, die Kisten hintereinander unter die Plicht geschoben werden können.

Inzwischen ist auch die oldenburgische Neptun im Wasser und nach einem Gespräch mit dem Skipper kehre ich hoch vergnügt an Bord zurück. Als ich ihm verriet, ein 49ziger Jahrgang zu sein, war seine Reaktion, „…dann bist du Lehrer oder hast nie gearbeitet?“ Mit so viel jugendlichem Elan gedopt treffe ich die letzten Reisevorbereitungen.

Um 16.30 Uhr verlassen wir den SSC Schleswig. Hier waren wir gern zu Gast. Der E-Motor schiebt uns aus der Marina und die Genua raus auf die Schlei. Gleich darauf vervollständigt das Groß unsere Segelgarderobe. Bei zwei Bft. beginnt unser Segelurlaub auf Halbwindkurs. Segelspaß pur kündigt sich an, doch schon bald dreht der Wind zunehmend auf Ost. Die Stexwiger Enge können wir gerade noch auf Amwindkurs passieren, doch kurz darauf pendelt der Wind zwischen Nord- und Südost und bleibt schließlich ganz weg. Es scheint, als seien wir bei diesen tropischen Temperaturen im Kalmengürtel angekommen.

Eine halbe Meile vor der Missunder Enge müssen wir die Segel bergen und motoren in die engste Stelle der Schlei. Wieder einmal freuen wir uns über die wunderschöne Landschaft und die interessante Architektur der Ferienhäuser, die vor allen Dingen das Nordufer "veredeln". Inzwischen haben wir uns darauf verständigt, möglichst in Missunde zu bleiben, denn ohne Wind werden wir Arnis heute sowieso nicht erreichen. Nachdem in Brodersby kein freier Stegplatz zu finden ist passieren wir mit langsamster Fahrt die Boxen am Missunder Fährhaus – und haben Glück.

Das erste Anlegemanöver gelingt, obwohl ich meine Achterleine ohne Palstek natürlich nicht über den Pfahl kriegen kann. Wie peinlich, aber das kommt ab heute nicht mehr vor, abgehakt. Nebenan sucht eine Männercrew eine Frau zum Abwaschen und Kochen, doch Sabine kontert ausgesprochen geschickt, „....sie sollten es mit einem Inserat versuchen!“ Dem ersten Ankommensschluck folgt ein ausgedehnter Spaziergang in den Ortsteil Burg, zu dem die interessanten Ferienhäuser gehören. Am Strand genießen wir den Blick über das golden schimmernde Wasser, erleben einen farbenprächtigen Sonnenuntergang und lassen uns später im Cockpit vom roten Wein in die Koje segeln. Was für ein Tag
 
 

Dienstag

05. August

Schleswig

1027 hPc

Wind aus Ost, später umlaufend

2 – 0 Beaufort

30°

Beständig schönes Sommerwetter

Auslaufen Schleswig
16.30 Uhr

Festmachen Missunde
19.30 Uhr

Gesegelte Meilen
7,9 Sm

Törndistanz bisher
7,9 Sm

 

Mittwoch, 06. August 03, 3. Tag: Wasser im Schiff

In der Nacht weckt mich das Ruder. Der Schwell vorbeifahrender Boote bringt es zum Klappern – ab sofort wird es jeden Abend richtig festgesetzt. So buche ich die nächtliche Seemannschaft eher auf der Lernseite, denn als Ruhestörung. Nachdem wir ausgeschlafen sind gibt's Frühsport: Stretching unterm Apfelbaum und danach joggen wir 40 Minuten über Stock und Stein, die kleinen Hügel rauf und runter, am Strand von Burg entlang, über schmale Wege an den von Hecken geschützten Feldern. Immer wieder überraschende und traumhafte Ausblicke auf die in der Sonne glitzernde Schlei. So könnte jeder Tag beginnen.

Ein erfrischendes Bad in der (grünen) Schlei bringt uns wieder auf Normaltemperatur. Nach dem Frühstück beginne ich kräftig das Deck zu schrubben. Endlich Reinschiff, doch was von außen blitzsauber wirkt ist innen pitschenass. Sabine ist entsetzt und richtig verzweifelt über nasse Betten im Vorschiff und nasse Lebensmittel in den Backskisten. Die Varianta ist wohl nicht ganz dicht: Als Schwachstellen erweisen sich der zur Vorschiffskoje offene Kettenkasten, die Dichtung vom Skylight und die Backskistendeckel im Cockpit, weil das Schiff achtern zu sehr belastet ist und deshalb das Wasser nicht abfließen kann. Der Bordsegen hängt ziemlich schief. Natürlich habe ich das nicht mit Absicht getan, aber es ist niemand zu Schaden gekommen und nach einer Stunde sind Bettwäsche und Backskisten wieder trocken, also wozu die ganze Aufregung.

Um 15.30 Uhr können wir mit dem schief hängenden Bordsegen, aber einigermaßen abgetrocknet Missunde verlassen. Wir wollen noch möglichst weit fahren, damit wir unserem Ziel Fünen wenigstens am nächsten Tag näher kommen können. Der nordöstliche Wind steht in der Missunder Enge leider voll gegenan. Da es hier zum Segeln ohnehin zu schmal ist, schiebt uns der Außenborder der nächsten Herausforderung entgegen. Doch die kommt bereits 500 m weiter, indem der Motor nach einigen nicht definierbaren Lauten seinen Geist aufgibt. Natürlich ist während der Saison immer viel Verkehr auf dem Wasser, aber gerade jetzt setzt der Schleidampfer zum Überholen an. Also was tun, ohne Fahrt kann man nicht steuern und hier besteht sofortiger Handlungsbedarf. Da steigt vielleicht der Adrenalinspiegel, aber der Elektromotor schiebt uns aus der Schusslinie. Doch warum spinnt der Außenborder?

Zwei Minuten später ist wieder alles im Lot. Der Tank war verrutscht und lag schräg in der Backskiste. Dadurch hing die Benzinleitung in der Luft und konnte keinen Sprit ansaugen. Nun schnurrt der Motor wieder wie gewohnt. Da der Wind genau aus der Fahrtrichtung weht, haben wir unter Segel keine Chance, heute noch einen ostseenahen Hafen zu erreichen. Als die Klappbrücke von Lindaunis in Sicht kommt wird klar, dass wir die Brückenöffnung um 16.45 Uhr nicht erreichen werden. Nun können wir endlich für eine Weile den lauten Motor aus dem Verkehr ziehen und segeln. Wir üben das „Boje über Bord Manöver“ und tasten uns langsam wieder an schwierigere Segelmanöver heran.

Um 17.45 Uhr passieren wir die Brücke von Lindaunis und segeln die Schlei weiter seewärts. Das schwere Gepäck in die Vorschiffskojen gestaut sorgt für einen deutlich besseren Bootstrimm als im letzten Jahr, sodass wir gut vorankommen und ich eine unsichtbare Regatta mit der „EOS“ fahre – nachdem uns alle anderen Boote längst abgehängt haben. Nun ja, Sieseby bleibt an Steuerbord und was ist das heute wieder für ein traumhafter Sommertag gegenüber meinem Törn mit der Dokocrew auf der „Diamina“ Ende April. Damals regnete es in Strömen und wir waren heilfroh, als wir endlich in der WSG Arnis fest waren.

In die WSG-Arnis gehen wir diesmal nicht. Zu tief sitzt der Groll gegenüber dem Hafenmeister, der uns so schmählich hat hängen lassen. Aber mit der Durchfahrt von Arnis beginnt wieder die Motorphase und als wir Kappeln erreichen müssen wir noch 45 Minuten auf die Brückenöffnung warten. Wir machen kurz am Kai fest und in der Zwischenzeit zaubert Sabine ruckzuck einen Gemüseeintopf auf den Teller. Um 19.45 Uhr passieren wir auch die letzte Brücke. „Jetzt können wir bis Dänemark durchfahren“, witzeln wir, Maasholm im Blick.

Um 20.30 Uhr sind wir am letzten Steg fest, holen uns den Strom von einem Nachbarschiff und erleben die „schwärzeste Stunde“ der bisher noch kurzen Reise: Die Betten sind schon wieder völlig nass und der Gedanke, darin zu schlafen scheint absurd. Sabine ist auf dem Tiefpunkt und möchte am liebsten hinschmeißen. Unbemerkt hatte sich Missunder „Waschwasser“ unter den Matratzen gesammelt und bei Schräglage lief es die Innenseite der Bordwand rauf und runter. Die Kapillarwirkung der Bettwäsche funktionierte prima und am späten Abend trocknet es längst nicht so schnell, wie heute Nachmittag bei 30°.
 
 


    

06. August

 

 Mittwoch
    

06. August
    

Missunder Fährhaus
    

1025 hPc

Wind aus Nordost
    

4 Beaufort
    

30°
    

Beständig schönes Sommerwetter

Auslaufen Missunde
15.30
    

Festmachen Maasholm
20.30 Uhr
    

Gesegelte Meilen
15,5 Sm
    

Törndistanz bisher
23,8 Sm

Ein langer Spaziergang „De Maas Rond“ und ein goldener Sonnenuntergang bringt die fragilen Seelen wieder einigermaßen ins Gleichgewicht, aber jetzt darf wirklich nichts mehr passieren!

Donnerstag, 07. August 03, 4. Tag: Komm', wir fahren den Tank leer

Da wir heute die geschützte Schlei verlassen wird der Seewetterbericht Pflicht und der kündigt schwachen Wind an, später OSO, 2 Bft.

Und da sich der Wind nicht so gern nach dem Wetterbericht richtet und mit 3 Bft. aus Südost daherkommt bleibt zwar die Insel Ærø unser Tagesziel, aber nicht Marstal im Südosten sondern Søby im Nordwesten werden wir ansteuern. Zwischen beiden Häfen liegen ca. 30 wunderschöne Inselkilometer und statt eines Amwindkurses können wir Søby auf Halbwindkurs ansteuern. Doch so weit sind wir noch nicht, zunächst suchen wir in der „Segelkiste“ noch ein wenig Kleinkram und aus dem Fischladen kommt der Hering mit an Bord.


Turm und Frau tragen quer

Um 13.30 Uhr verlassen wir Maasholm und passieren den Leuchtturm Schleimünde um 14.15 Uhr. Wir sind wieder auf der Ostsee, setzen die Segel und mit 3 Bft. nehmen wir Kurs auf Ærøs Nordspitze, mit dem Leuchtturm Skjoldnæs und dem Wegepunkt 133. Aufgrund der optimalen Sichtverhältnisse packen wir das GPS wieder ein und fahren auf Sicht – nicht ohne uns vorher die voraussichtliche Ankunftszeit vom Satelliten zu holen: 19.30 Uhr.

Besseres Segelwetter kann es nicht geben. Wir rauschen mit 4,5 Knoten über die Ostsee. Skjoldnæs, wir kommen. Die Crew löst sich an der Pinne ab. Nachdem sich Sabine von ihrem Mittagsschlaf erholt hat, kann ich das Buch von Klaus Nölter & Johanna Michaelis, „Der erfüllbare Traum – eine Weltumsegelung“, zu Ende lesen. Gegen 16.00 Uhr lässt der Wind nach und bleibt eine halbe Stunde später ganz weg. Da die Segel in der leichten Dünung nur noch schlagen, nehmen wir das Groß runter. Der warme Lufthauch ist gerade noch so stark, dass wir eben steuern können. Immerhin ist der Leuchtturm Skjoldnæs schon mit dem Fernglas erkennbar, aber unsere im voraus berechnete Ankunftszeit lässt sich schon jetzt nicht mehr halten. Inzwischen ist es 18.00 Uhr und wir dümpeln weiter vor uns hin. Um 19.00 Uhr sind es zur Nordspitze noch immer 7 Meilen und danach weitere 4 Meilen bis Søby.

Als ich endlich den Außenborder starte, bemerke ich, dass wir kaum noch Sprit im Tank haben. Wird das bisschen reichen? Auf keinen Fall. Also, den Motor sofort wieder aus, man weiß ja nie… Das GPS wird nach dem Sonnenuntergang befragt und das antwortet voller Energie: 21.24 Uhr. Also schraube ich schon mal die Positionslichter an und bereite „flexibel“ & uns auf die erste (unfreiwillige) Nachtfahrt vor. Da ich dabei auch noch den einzigen Imbusschlüssel versenke, ziehe ich schädliche Neigungen gegen mich selbst in Erwägung.

Wir haben ja so viel Zeit und damit Zeit genug für Vorwürfe. Hatten wir das nicht erst gestern? „Warum hast du nicht, … du wusstest doch und …das haben wir nun davon…“, hilft da nicht weiter und mit Sicherheit werden wir davon nicht schneller, aber wir haben gelernt, was wir schon immer wussten: Nie ohne Reservekanister. Sabine entscheidet, jetzt Pellkartoffeln mit Hering vorzubereiten, damit wir nicht so spät im Hafen essen (müssen). Prima Idee und ein paar Minuten später sitzen wir unter schlagenden Segeln am Cockpittisch und lassen uns das Essen schmecken. Wie schön, mit jeder Pellkartoffel bessert sich unsere Stimmung, das wird also unsere erste Nachtfahrt? Spannend! Und außerdem ziehen wir den Elektromotor als „eiserne Reserve“ ins Kalkül, der uns sicher 4 bis 5 Meilen schieben könnte. Ok., also fahren wir jetzt den Tank leer, mal seh'n, wie weit wir kommen. 15 Minuten später und eine Meile weiter ist auch der letzte Tropfen Sprit verbraucht. Die Batterie zapfen wir nicht an.

Warum laufen wir nicht nach Mommark ab, überlegen wir, aber das Hafenhandbuch verrät, dass dies kein attraktiver Hafen ist, außerdem ist es nach Søby nicht weiter. Kaum ein Hauch kommt über das Wasser und die vielen Windmühlen auf Ærø spielen heute keine müde Krone mehr ein. Um 21.00 Uhr haben wir immer noch 25 o und sehen in der Ferne Paddler über die Ostsee gleiten oder haben wir etwa Halluzinationen? Es sind wirklich Paddler und zu allem Unglück geht uns jetzt das Trinkwasser aus. Gut wir haben genügend Säfte dabei, Wein und Sherry, aber eben kein Wasser mehr (seitdem sind immer drei Wasserflaschen in Reserve an Bord – wieder was gelernt. Inzwischen inflationär – oder?).

Wir machen Fahrt, ganz langsam kommt Bewegung ins Schiff, freuen wir uns als sich die Sonne gerade von diesem Tag verabschiedet. Sofort ist auch das Groß oben, um bloß jeden Lufthauch auszunutzen.


Kein Sprit, kein Wasser, gute Nacht

Nach dem Sonnenuntergang kommt ein leiser Windhauch angeschlichen und das Leuchtfeuer von Skjoldnæs beginnt die Szene, zu beleuchten, Festfeuer, 20 Sekunden. Um 22.00 Uhr haben wir die Höhe von Skjoldnæs erreicht. Vorn haben wir das rotgrüne Positionslicht und weil das Hecklicht nicht brennen will, die Petroleumlaterne. Zur Not legen wir die Taschenlampe bereit, damit wir das Segel anstrahlen können. Wir segeln auf leisen Sohlen durch die Nacht. So was haben wir beide noch nie erlebt. Skjoldnæs immer an Steuerbord „segeln“ wir um die Nordwestspitze von Ærø. Als schließlich der Mond das schwarze Wasser in pures Silber verwandelt wird die Segelnacht unvergesslich. Auch von einem Lagerfeuer am Strand lassen wir uns nicht irritieren, erinnern wir uns an gruselige Geschichten, als solche Feuer, heimtückisch an falscher Stelle gezündet, manches Schiff stranden ließ. Die „Strandräuber“ auf Ærø werden sich darüber hoffentlich keine Gedanken machen. Vermutlich sind es sogar Yachties, die hier vor Anker liegen und mit dem Dingi an den Strand gefahren sind.

In der Ferne sind endlich die Lichter von Søby auszumachen. Der leise Wind schiebt uns immer näher an den Hafen. Dabei haben wir das Gefühl, schnell zu segeln, doch die Logge gibt nicht mehr als 2 Knoten her. Als es noch hell war haben wir uns auf der Karte ganz genau die Befeuerung der Hafeneinfahrt eingheprägt, doch davon ist noch nichts zu erkennen. Rotes oder grünes „Feuer“ trägt einfach nicht so weit wie weißes Licht. Gegen 23.00 Uhr erkennen wir das grüne Licht, das die Steuerbordseite der Hafeneinfahrt markiert, aber genau das dürfen wir wegen einer knapp unter Wasser liegenden Steinmole noch nicht ansteuern und das Leitfeuer des Hafens ist zwischen den vielen Lichtern der Stadt noch nicht auszumachen. Nach 'ner Weile ist das grüne Licht wieder verschwunden und noch immer trägt uns der Wind auf die Hafenstadt zu. Den Elektromotor benötigen wir noch nicht. Die vielen Lichter verwirren, doch der „alte Fahrensmann“ erkennt bereits ausgewachsene Frachtschiffe, die in der Werft repariert werden. „Da ist das Leitfeuer, ich hab' es, du musst mehr anluven“, höre ich Sabine. Mehr anluven geht aber nicht, weil wir dann im Wind stehen, also nehmen wir jetzt die Segel runter und lassen uns vom E-Motor in Richtung Hafen schieben.

Aber wo geht es lang? Von den Lichtern der Stadt fast geblendet fahren wir auf eine dunkle Wand zu und müssen dabei auf die knapp unter Wasser liegende Steinmole achten. Vorsicht. Schließlich finden wir den weißen Sektor des Leitfeuers, den wir in beide Richtungen jeweils bis an den Rand ausfahren. Nun haben wir die großen Schiffe vor uns, sehen die Masten der Yachten, die Werft und endlich taucht das grüne Licht wieder auf, die Steuerbordseite der Hafeneinfahrt. Behutsam gleiten wir in den unbekannten Hafen und finden ihn so vor, wie es im Hafenhandbuch steht. Es ist Mitternacht, ungewohnt dunkel und wir legen trotzdem ein wunderbares Anlegemanöver hin. Jetzt kann nichts mehr schief gehen – oder? Selbst einen Anlegeschluck gönnen wir uns noch in dieser warmen Sommernacht. Skol.
 
 
 
Donnerstag
    

07. August
    

Maasholm
    

1021 hPc

Wind aus Ost
    

3 - 0 Beaufort
    

30°
    

Beständig schönes Sommerwetter

Auslaufen Maasholm
14.45 Uhr
    

Festmachen Søby
00.00 Uhr
    

Gesegelte Meilen
27 Sm
  

Freitag, 08. August 03, 5. Tag: Über Stock und Stein

Heute wird wieder ein heißer und schöner Hochsommertag und wir beschließen, in Søby zu bleiben. Zuerst steigen wir in die Laufklamotten, um den Leuchtturm mal bei Tageslicht und ganz aus der Nähe betrachten zu können. Die kleine Landstraße dahin entpuppt sich als touristisches Juwel. Ausblicke über die dänische Inselwelt bis rüber nach Fünen wechseln mit kleinen reetgedeckten Bauernhöfen, die meist geschmackvoll in Ferienhäuser umgebaut worden sind. Nach Süden ist noch ein Hauch der deutschen Küste zu erkennen und was gestern vom Wasser aus eher langweilig und karg aussah entpuppt sich als echter Hingucker. Kleine Gehöfte passieren wir und ein paar Gehöfte mehr bilden den Ort Haven, der seltsamerweise über keinen Hafen verfügt. Den Leuchtturm entdecken wir erst nach vier Kilometern rauf und runter in einiger Entfernung und da wir noch zurück laufen müssen, drehen wir lieber um, Skjoldnæs haben wir gestern ja fast 10 Stunden vor Augen gehabt.

Danach ist ein ausgiebiges Frühstück dran, der Benzintank wird randvoll getankt und am Nachmittag leihen wir uns Fahrräder für die 17,5 km Tour nach Ærøskøbing. Am Ende wird es die schönste Fahrradtour, die ich je geradelt bin.


Radtour auf Ærø

Die gut ausgeschilderte „Cykelroute“ 90 führt uns rauf und runter, über sanfte Hügel, direkt am Strand entlang, durch Felder, Gärten und einige der 22 Dörfer auf Ærø. Diese Ostroute bietet eine unglaubliche Fernsicht über die „Dänische Südsee“ mit den Inseln Lyø, Avernakø, Hjortø, Drejø und dahinter lässt sich Fünen mit den Städten Faaborg im Norden und Svendborg im Nordosten erahnen. Rudkøbing auf Langeland ist an seinem hohen Silo zu erkennen und dann natürlich wieder Einblicke in reetgedeckte Häuser. Einladende und schattige Plätze mit Kaffeekannen und gekühlten Getränken laden am Wegesrand zur Pause und das alles mit Selbstbedienung. Die Kronen werden einfach ins Glas gesteckt. Auf dieselbe Weise kannst Du selbst gekochte Marmelade, Gemüse und Obst kaufen oder kunstvoll von Kinderhand verzierte Steine. Diese Route ist nicht zu übertreffen.

Ærøskøbing ist natürlich im August voller Touristen und scheint dennoch eine verschlafene Kleinstadt zu sein. Wie eine gut ausstaffierte Puppenstube präsentiert sich die Stadt, doch ein schönes Cafe, lässt sich leider nicht gleich finden (natürlich gibt es das auch, aber eben nicht direkt am Hafen oder irgendwie mittendrin, so wie z.B. auf der Lister Meile , nein die beiden Cafes sind in schönen Gärten versteckt zu finden und sündhaft teuer). Solange wollten wir nicht suchen und haben längst hier unser leckeres Waffelis verdrückt.


Waffeleisbude

Nach zwei Stunden Altstadt, Hafen und wieder zurück in die Altstadt ist's dann genug mit Ærøskøbing. Zurück wollen wir auf der Westroute und um die zu erreichen, müssen wir zuerst eine Bergprüfung bestehen, um ganz oben angekommen festzustellen, dass unser kleines Handtuch irgendwo verloren gegangen ist. Aber wo? Die Antwort wissen vielleicht die unterwegs von Sabine gesammelten, gewaschenen und vor dem Verzehr mit dem Handtuch abgetrockneten Mirabellen oder liegt das Handtuch bei der Waffelisbude? Also, zurück und wieder 2 km hier hoch? Nein! Einen schönen Ausblick haben wir hier oben. Von Fünen im Norden bis zur deutschen Küste im Südwesten liegt uns der „Kleine Belt“ zu Füßen, Ærø sowieso.

Die Cykelroute 91 (Westroute) zurück nach Søby hat im nördlichen Teil leider nicht ganz den Charme der Ostroute. Sie verläuft weiter vom Wasser entfernt, kreuzt gelegentlich die Hauptstraße, ist rauer und durch das Gegenlicht am frühen Abend ist auch die Fernsicht beeinträchtigt. Trotzdem ist dies ebenfalls ein wunderbarer und empfehlenswerter Fahrradweg. Vielleicht haben auch der aufkommende Hunger und die vielen Eindrücke unsere Wahrnehmungsfähigkeit erschöpft. Sabine würde jetzt am liebsten eine Pølserbude überfallen. Doch als wir Søby erreichen ist sie mit dem Restaurant direkt am Hafen (warum gibt es so was nicht in Ærøskøbing) mehr als einverstanden. Essen in Dänemark ist eine kostspielige Geschichte, aber hier gibt es ein prima Essen zu einem fairen Preis. Das wir dabei „flexibel“ auch noch ins Cockpit sehen können kostet nix extra!

Außerdem sorgen die Hafenmanöver anderer Yachten für Gesprächsstoff über die Tische hinweg und ein Schärenkreuzerskipper aus dem Lippischen, versucht uns mit seiner Segelphilosophie anzustecken. Wir lernen daraus, dass Schärenkreuzer ungeheuer lang aber schmal sind, sich im Hafen schlecht bis gar nicht manövrieren lassen, unter Deck ziemlich unbequem, aber auf Amwindkursen unschlagbar sind. Auf dem Weg in die Koje bemerken wir mit Schrecken, dass der Schlüssel von Sabines Leihfahrrad verloren gegangen ist. Obwohl ich das Rad mit meinem Schlüssel abschließen kann geht die Stimmung sofort ganz tief in den Keller. So ein schöner Tag ist plötzlich nichts mehr Wert?


Samstag, 09. August 03, 6. Tag: Schlecht verankert

Der Seewetterbericht für Belte und Sund: Ost 4

Morgens um sieben ist ja bekanntlich die Welt noch in Ordnung und außerdem ist heute unser erster Hochzeitstag. Während ich mich also in aller Frühe aus der schmalen Koje mogeln will höre ich Sabine noch im Halbschlaf, „…wo willst Du denn hin?“ „Ein paar Blumen besorgen, schlaf' einfach weiter…,“ und schon bin ich weg. Auf dem Leihfahrrad fliege ich wieder über die wunderschöne Cykelroute 90 nach Ærøskøbing. Ab Borgnæs lasse ich, immer auf der Suche nach dem kleinen roten Handtuch, keinen Zentimeter neben der Straße aus. Ich klappe Mülltonnen auf, gucke hinter Hausecken, aber nirgendwo ein rotes Tuch, es ist wie verhext. In Ærøskøbing ist der Blick schließlich nur noch auf dem Boden gerichtet, hier muss doch irgendwo der Fahrradschlüssel liegen. Aber am Geldautomaten finde ich ihn genauso wenig wie an der noch geschlossenen Waffelisbude. Im Hafen nicht, nirgends. Mit leeren Händen fahre ich auf keinen Fall zurück. Wenigstens einen hübschen Feldblumenstrauß pflücke ich unterwegs, der uns noch eine ganze Weile erfreuen soll.

Als ich kurz vor neun Uhr wieder an Bord komme hat Sabine längst das Frühstück fertig. Natürlich hat sie geahnt, dass ich nicht nur Blumen holen bin, aber auch ohne die Fundsachen ist der Ärger des gestrigen Abends beinahe verflogen. Vollends löst sich der Frust auf, als wir die Räder zurück bringen, den Schlüsselverlust beichten und der Fahrradhändler fragt, ob das Eis geschmeckt hat. Wir schau'n uns fragend an, „…hä???“ Na klar, die Waffeleisbude hat ihn über einen gefundenen Schlüssel info rmiert, so klein ist Ærø, Gott sei Dank. Von einem kleinen roten Handtuch war leider nicht die Rede…

Wieder an Bord koppeln wir unsere Kursmöglichkeiten durch. Folgen wir der empfohlenen Rundung Fünens gegen den Uhrzeigersinn müssen wir heute nach Svendborg segeln, doch genau daher weht der Wind - aus der falschen Richtung. Nur auf Amwindkurs segeln wollen wir nicht. Uns steht der Sinn nach einem gemütlichen Törn, vielleicht sogar irgendwo in einer geschützten Bucht baden, an Bord Kaffee trinken und den wunderbaren dänischen Kuchen...?

Um 13.30 Uhr verlassen wir Søby mit Kurs auf Faaborg, die anvisierte Badebucht werden wir schon im Schutz von Avernakø finden. Wieder schiebt uns der E-Motor aus dem Hafen und draußen setzen wir sofort die Segel, obwohl das Groß noch gar nicht vorbereitet ist - was die Situation nicht gerade erleichtert. Da es in der Ansteuerung von Faaborg einige Untiefen gibt, gebe ich im GPS einen Wegepunkt ein, damit wir die Ansteuerungstonne nicht verpassen. Demnach müssen wir 20 o steuern, doch da wir auf Sicht fahren gebe ich der Steuerfrau Landmarken zum Ansteuern. Die liegen zwar östlicher als der GPS-Kurs und prompt erkenne ich 10 Minuten später noch rechtzeitig meinen Irrtum, denn wir segeln mit 5 Knoten auf einen niedrigen Damm zu, der die beiden Inselteile von Avernakø miteinander verbindet. Ich habe den westlichen Inselteil vermeintlich für Lyø gehalten, aber als ich die markante Windmühle nicht entdecken kann, gerade noch rechtzeitig die Seekarte gefragt.

Inzwischen fällt hin und wieder eine Böe ein und Sabine meint, dass es inzwischen 5 Bft. sind, doch der Windmesser rückt nicht mehr als 4 Bft. raus. Raumschots segeln wir nun das Südwestufer ab, bis andere Ankerlieger in Sicht kommen. Mit unserem geringen Tiefgang können wir natürlich viel dichter ans Ufer als die dänische Yacht, von der unser Ankermanöver argwöhnisch beobachtet wird. Sabine hält uns nur noch mit dem Groß dicht am Wind, während ich vorn die Wassertiefe beobachte. Wir fahren nur noch ganz langsam vorwärts, dann habe ich die richtige Tiefe gefunden. „Geh' in den Wind, Sabine“, und als das Boot im Wind steht lasse ich den Anker fallen, fiere Kette und Ankerseil. Wir liegen vor Avernakø. Sofort nehmen wir das Groß runter und jetzt habe ich auch das Gefühl, als würden stärkere Böen über die flache Insel fegen. Obwohl der Anker hält ist mir gar nicht wohl zumute. Auf keinen Fall würde ich jetzt das Boot verlassen, von Bade- oder Kaffeestimmung keine Spur mehr. Auf dem Steinhuder Meer, ja das wäre was anderes, aber hier … und mit dem Ankern habe ich ohnehin noch keine Erfahrung.

Wir nehmen den Anker schnell wieder auf, Kaffee trinken können wir auch in Faaborg und auf dem Nachbarboot scheint man inzwischen auch an Aufbruch zu denken. Also zunächst rüber zur Untiefentonne. Wenig später, im Fahrwasser mit Kurs auf Faaborg, nimmt der Verkehr immer mehr zu. Viele Tagesausflügler segeln in die heimische Marina zurück, ob wir da noch einen Platz finden? Die Ansteuerung wird wiederum von einer wunderbaren Landschaft eingerahmt. Die kleine Insel Bjørnø an Steuerbord und an Backbord die Marina von Dyreborg bilden einen Trichter an dessen Ende sich das Fahrwasser zum Faaborgfjord ausweitet, der auf der Ostseite von Bjørnø wieder Zugang zur Ostsee hat.

Ein mächtig breiter Kirchturm überwacht die Stadt, die Sonne scheint aus allen Knopflöchern, nur der Wind kommt inzwischen wirklich mit 5 Bft. daher. Vor der Hafeneinfahrt müssen wir uns zum Segel bergen einen ruhigen Platz suchen, so viele Yachten sind hier unterwegs. Im Hafen wird es noch enger und ich habe Mühe, mit dem Außenborder rückwärts zu fahren (Tipp: Den Außenborder ganz tief absenken, damit das Wasser nach vorne abfließen kann und sich nicht am Heckspiegel staut. Dann gelingt die Rückwärtsfahrt!).


Faarborg

Endlich, nachdem wir auch alle Schlupflöcher durchsucht haben, finden wir doch noch einen freien Stegplatz. Eine kleine Yacht hat eben ihre Vorteile!

Samstag   


09. August
    

Søby
    

1020 hPc

Wind aus Ost
    

4 - 5 Beaufort
    

30°
    

Beständig schönes Sommerwetter

Auslaufen Søby
13.30 Uhr
    

Festmachen Faaborg
16.30 Uhr
    

Gesegelte Meilen
10 Sm


Nun zuerst der wohlverdiente Ankommensschluck und danach gibt es Milchreis – Sabine hatte bereits in Søby Milchreis vorbereitet und gut verpackt in der Koje „quellen“ lassen. Nach einem kleinen Hafenrundgang machen wir uns landfein. Timm Stütz und Joachim Meyer verraten in ihrem Buch «Rund Fünen mit der Yacht»: „Faaborg, ehemals Foburgh, besaß vermutlich bereits im 13. Jahrh. den Status einer Stadt. Die Lage zwischen Meer und „Fünischen Alpen“, der weithin sichtbare, gelb getünchte Glockenturm über einer beschaulichen Innenstadt, das Kunstmuseum der fünischen Maler und mehrere Mühlen und Seen ringsum machen sie uns heute besonders “fünisch“ und anziehend… Ein Spaziergang durch die Altstadt Faaborgs ist gewiss das Nächstliegende, zumal zahlreiche einladende Gasthäuser am Wege liegen, in denen man seinen Durst und Hunger stillen kann.“

Durst und Hunger haben wir zwar nicht, dafür sind wir neugierig auf die alte Stadt. Ganz anders als in Ærøskøbing ist Faaborg lebendig. Hier wird produziert, verkauft und gelebt - natürlich auch von uns Touristen. Faaborg war Brücke nach Deutschland (Fährverbindung Faaborg – Gelting und natürlich rüber nach Als. Nach dem Brückenschlag über den Großen Belt wurden die Verbindungen eingestellt). Unser Weg durch die Altstadt endet zunächst am Glockenturm.

Von hier ist es nicht weit zum Touristenbureau und auf dem Weg dorthin läuft uns glatt ein Nachtwächter über den Weg, geht in die nächste Kneipe und auf unserem Rückweg ist er zufällig wieder vor uns. Um 21.00 Uhr beginnt sein Rundgang durch die Stadt und ca. 40 Leute folgen ihm. Immer wieder hält er an, erzählt aus der Stadtgeschichte, singt sein Nachwächterlied und steuert die nächste Station an. Leider gibt es keine deutsche Übersetzung, aber bei diesem zweistündigen Rundgang verstehen die Augen beinahe jedes Wort. Dabei können wir die Geschichte mancher Gebäude auch so begreifen. Am Ende landen wir wieder am Glockenturm, der Nachwächter verabschiedet sich, erhält tosenden Applaus und jede Menge Trinkgeld. Unbedingt mitmachen!

Sonntag, 10. August 03, 7. Tag: Fürstliche Fahrradtour

Der Sonntag macht seinem Namen alle Ehre und es sind, wie bisher jeden Tag, wieder um die 30 o . Auf dem Weg vom Hafen zum Touristenbuerau macht uns eine schwedische Yacht besonders neugierig. Von einer Stureborg 33 Royal habe ich noch nie gehört und dieses Mittelcockpitschiff gefällt uns ganz besonders gut. Wir bleiben eine ganze Weile stehen, bewundern das gemütliche Cockpit und dass dieses Schiff auch noch eine geräumige Achterkajüte hat. „Stureborg 33 Royal“, schreibe ich auf einen Zettel, danach werde ich zuhause im Internet suchen.

Nach der guten Erfahrung auf Ærø sind wir heute wieder einmal mit Leihfahrrädern unterwegs. Ziel ist das in ganz Dänemark berühmte Egeskov Slot. Dazu heißt es im Baedecker: „Märchen können mitunter auch wahr werden. So erscheint es zumindest beim Anblick des Bilderbuchschlösschens Egeskov, das 1524 – 1554 unter Reichsmarschall Frands Brokkenhuus bei Kværndrup mitten in einen See gebaut wurde – für die Errichtung musste ein ganzer Eichenwald (egeskov) geschlagen werden. Das luxuriöse Renaissanceschloss galt für damalige Verhältnisse als Sensation, da bereits alle Wohnräume über einen Kamin verfügten und selbst die obersten Etagen durch ein Aufzugsystem mit Wasser versorgt werden konnten… Weithin bekannt ist der herrliche Park mit Barockgarten, einem 1730 angelegten Buchen-Labyrinth, Kräutergarten und einem von Multitalent Piet Hein 1990 entworfenen Bambuslabyrinth. In den ehemaligen Stallungen befinden sich ein Oldtimermuseum mit klassischen Autos, Motorrädern und Flugzeugen, ein Pferdewagen- und Landwirtschaftsmuseum und seit 2000 auch das Falckmuseum über die Geschichte des Rettungswesens.“

Leider gibt es von Faaborg zum Schloss keine separate Cykelroute. Wir haben nur die Möglichkeit, die ersten Kilometer über weniger befahrene Landstraßen zu fahren und die haben es in sich. Wir strampeln uns ab wie bei einer Harzüberquerung. Mit so vielen Steigungen und Abfahrten haben wir auf Fünen wirklich nicht gerechnet. Wir kämpfen uns durch Buchen- und Tannenwald und sind ganz sicher, dass wir hier die Heimat der Weihnachtsbäume erfahren. Wir radeln durch riesige Tannenbaumfelder und sind so aus der Puste, dass wir es lieber nicht mit „Oh Tannenbaum“ versuchen. Nach 7 km erreichen wir „Korinth“ und damit leider auch die viel befahrene Bundesstraße 8.


Schloss Egeskov protzig und teuer

Eine Stunde später sind wir am Schloss. 130 DKR Eintritt lassen uns einen Moment zögern, aber nun sind wir schon mal hier und zahlen murrend umgerechnet 17,50 € pro Nase. Das Innenleben des Schlosses ist eher eine Enttäuschung, denn die seit Generationen dort ansässige Familie geht ziemlich protzig mit ihren Jagdtrophäen und anderen Attributen des Kolonialismus um und so was wie dem Rittersaal bin ich schon anderswo zum Opfer gefallen, aber draußen, draußen ist es wunderschön. Der Barockgarten, überhaupt die unterschiedlichen Gartenabteilungen bis hin zur Landwirtschaft, das überwältigende Oldtimermuseum und die Halle mit den Motorrädern. Unglaublich. Unsere Zeit reicht gar nicht aus, um alles in Ruhe anzusehen, denn ...


... Schloss Egeskov mit Goldkugel ...

schließt um 18.00 Uhr. Kurz vorher klettern wir noch über kleine Hängebrücken in den Baumkronen der Buchen herum, überblicken von oben das Labyrinth und verabschieden uns durch eine gepflanzte Sonnenuhr aus dem Areal des Schlosses.

Auf der Rückfahrt fordert der vor Hitze beinahe „kochende Asphalt“ seinen Tribut. In der Nähe von Korinth wollen wir im größten Binnensee Fünens buchstäblich baden gehen und schon der Anblick des in Wälder, Wiesen und Schilf eingebetteten Sees verspricht endlich eine erfrischende Erfrischung. „Baden dürfen sie hier leider nicht“, verraten uns zwei Spaziergängerinnen, also kochen wir weiter und bekommen unsere Abkühlung erst als wir die bald 5 km lange Abfahrt runter nach Faaborg hinter uns bringen.

Montag, 11. August 03. 8. Tag: Lyø, immer wieder Lyø

Der Seewetterbericht für Belte und Sund: Südost 2

Heute geben wir das ursprüngliche Ziel, Fünen zu runden, endgültig auf. Wir wollen keinen Stress und Fünen lieber kennen lernen, statt drum herum zufahren. Und da wir den Bereich in Richtung Svendborg schon mehrfach durchsegelt haben orientieren wir uns nach Nordwesten in den Kleinen Belt. Assens wäre vielleicht ein schönes Ziel, doch vor dem Ablegen bunkern wir noch Lebensmittel vom dänischen Aldi.

Bei dem bisschen Wind kommen wir zwar um 13.20 Uhr aus dem Hafen von Faaborg, aber kaum aus der Bucht. Das Lüftchen hat auch nicht die Absicht, uns bis Assens zu schieben, aber wenn wir erst aus der Bucht raus sind wird es bestimmt besser... Wird es nicht. Ja, wir segeln zwar, aber es ist wie in den so berüchtigten Rossbreiten. Hätten wir, wie die Segler früher, jetzt Pferde an Bord, die ja ganz ausgezeichnete Schwimmer sind, dann hätten wir angespannt…


Sabine holt uns hier raus

Immer mehr Segler motoren und wir dümpeln zwischen Lyø und Fünen herum. Assens können wir längst vergessen! Warum gehen wir nicht nach Lyø? Ja, warum eigentlich nicht noch ein drittes Mal nach Lyø, ich bin gern auf dieser kleinen Insel. Also, Segel runter, Motor an und eine halbe Stunde später rutschen wir in den überfüllten Hafen. Ganz am Ende finden wir noch eine kleine „Variantalücke“ und so liegen wir plötzlich neben einem Jollenkreuzer aus Mardorf und einer Nimbus 28 aus Flensburg. Die Nachbarn vom Steinhuder Meer erweisen sich als ausgesprochen mundfaul, das ältere Ehepaar aus Flensburg hingegen berichtet gern über ihre Reise. Sie sind bereits seit Juni auf der Ostsee unterwegs und manche Tipps, vor allen Dingen über kleine Inselhäfen, werden sofort gespeichert. Beneidenswert! Außerdem hat dieser Skipper den sich andeutenden Wetterumschwung längst wahrgenommen. Hoch durchziehende Cirren sind dafür untrügliches Zeichen, lerne ich.

Montag
   

11. August
   

Faaborg
   

1020 hPc

Wind aus Ost
   

5 Beaufort
   

24°
Leichte Cirren
   

Beständig schönes Sommerwetter

Auslaufen Faaborg
13.20 Uhr
   

Festmachen Lyø
16.00 Uhr
   

Gesegelte Meilen
5 Sm
   

Törndistanz bisher
65,8 Sm

Eine Stunde nach dem Festmachen erfrischen wir uns nach dem lauwarmen Badewasser in der Ostsee lieber ausgiebig unter der kalten Dusche. Zum Abendbrot essen wir die Krabben von Aldi mit Rührei und dann wenden wir uns Lyø zu.


Lyø

Im Baedeker steht: „Um 1540 waren die ersten Inselbewohner vor die Wahl gestellt worden: Hinrichtung oder Auswanderung. Heute haben die Höfe stolze Ausmaße von Herrensitzen und die 140 Einheimischen werben zu Recht mit einem der schönsten Dörfer Dänemarks. Hier sieht man fast nur reetgedeckte Häuser, von Stockrosen umrankte Fachwerkfassaden mit rostrot, hellgrün oder amtblau gestrichenen Türen und Fenstern, wie Leuchtzeichen gegen das lange Grau des Winters“.

Ein langer, ausgedehnter Spaziergang führt uns durch das wunderschöne Dorf bis zum Klokkestenen (Hügelgrab) am anderen Ende der Insel. Das Dorf scheint um 21.00 Uhr wie ausgestorben, selbst im Kro bewegt sich nichts. Als der große Vollmond unseren Rückweg beleuchtet, begleitet uns vom Klokkestenen eine ganz junge schwarze Katze beinahe bis an Bord. Immer wieder unterbricht sie unseren Weg und fordert uns einige Streicheleinheiten ab. Für solche Abende zünden manche Leute aus Dankbarkeit Kerzen an, werfen Münzen in irgendwelche Teiche und auch wir freuen uns über dieses sommerliche Geschenk.

Dienstag, 12. August 03, 9. Tag: Von Lyø in die Haelnæsbucht

Der Seewetterbericht für Belte und Sund: 3 Bft. NW.

Vor dem Auslaufen gehen wir noch einmal rauf ins Dorf. Vor allen Dingen „meinen“ Doppelkopfseglern möchte ich so gern eine Ansichtskarte aus Lyø schicken und dabei werden wir beinahe mit Mondpreisen über's Ohr gehauen. Wir rechnen nach, drehen um und bekommen unser Geld zurück. Wir kaufen Marmelade, die vor der Haustür angeboten wird und bereiten schon den Kartoffelsalat für die Abendmahlzeit vor.

Bevor wir um 14.20 Uhr auslaufen tausche ich die Genua gegen die Fock aus. Unser Ziel, Assens, haben wir zwar immer noch im Kopf, doch dort würden wir wohl erst um Mitternacht ankommen. Wir werden sehen, wohin der Wind uns diesmal bringt und wissen genau, dass das Wetter spätestens Morgen umschlagen wird. Spätestens Morgen wird sich das beständig warme Sommerwetter für ein paar Tage verabschieden. Es wird Starkwind und sogar Sturm geben, doch durch den Lyø Kro geht höchstens eine „Düse“ mit 3 Bft. aus NW. Schon bald werden aus drei zwei Bft. und ab 16.00 Uhr weht nur noch ein laues Lüftchen. Während Sabine ihren Mittagsschlaf nachholen will bleibe ich an der Pinne, doch eine halbe Stunde später wird sie vom Außenborder aus der Hundekoje geholt. Damit ist auch klar, dass wir den nächsten Hafen anlaufen werden, wenn uns keine kleine Brise zu Hilfe kommt. Doch weder eine kleine noch eine größere Brise bringt uns ein Stück weiter, nur der Zweitakter knattert mit uns in die Haelnæsbucht. Wir passieren den Fährhafen Bøjden Bro, aus dem die Pendelfähre alle vier Stunden die Brücke zwischen Als und Fyn herstellt.

Den kleinen Yachthafen von Bøjden Bro laufen wir lieber nicht an. Das Hafenhandbuch verrät, dass es hier weder Strom noch vernünftige sanitäre Anlagen gibt. Also motoren wir drei Meilen weiter östlich nach Faldsled, denn wenn wir schon Einwehen, dann wenigstens komfortabel. Allerdings macht das Hafenhandbuch auf eine sorgfältige Steuerung im Fahrwasser nach Faldsled aufmerksam, sonst sitzt man schnell auf Schiet.

An Backbord schützen die beiden Inseln Illum und Vigo die wunderschöne Haelnæsbucht und am östlichen Zipfel von Illum muss bald die erste Spierentonne des Fahrwassers in Sicht kommen. Lange suche ich mit dem Fernglas, bis endlich die erste dünne Spiere in Sicht kommt. Wie gut, dass eine Meile vor uns zwei andere Segler ebenfalls Faldsled ansteuern. Als wir ihnen folgen tauchen so nach und nach alle Spierentonnen aus der Versenkung auf. Um 18.00 Uhr erreichen wir den Hafen, aber damit haben wir noch keinen Liegeplatz. Also drehen wir eine Ehrenrunde und siehe da, vor dem ersten Platz für die ganz großen Yachten gibt es doch noch eine Lücke. Da gehen wir rein und machen fest. Während ich an Deck aufklare begibt sich Sabine auf einen Hafenrundgang, erwischt den Hafenmeister und der hat für uns noch einen Platz im zweiten Becken, wo ausschließlich die kleinen einheimischen Boote liegen – genau da passen wir gut hin. Strom und Wasser „vor der Tür“, die Boote neben uns sind alle leer, besser geht's nicht!

Den Ankommensschluck nehmen wir heute gleich mit dem Abendessen, denn zum fertigen Kartoffelsalat werden nur noch die Würstchen aufgebrüht. Danach duschen wir und gehen „Schiffe gucken“. Eine Stureborg Royal finden wir nicht. Nach dem 22.05 Uhr Wetterbericht hilft uns der Rotwein über die schlechten Aussichten hinweg. Wie schade, die Schönwetterperiode geht zu Ende. Bereits Morgen dreht der Wind auf West und soll mit 6 Bft. daher kommen. Viel zu viel für unsere „flexibel“, da werden wir wohl hier bleiben müssen. Bereits gestern Abend hatte ja der Flensburger Skipper auf Lyø die hoch durchziehenden Cirren als bevorstehenden Wetterumschwung gedeutet.

Dienstag
   

12. August
   

Lyø
   

1017 hPc

Wind aus Ost
   

3 - 0 Beaufort
   

26°
Leichte Cirren
   

Beständig schönes Sommerwetter

Auslaufen Lyø
14.20 Uhr
   

Festmachen Faldsled
18.00 Uhr
   

Gesegelte Meilen
11,5 Sm
    
Törndistanz bisher
77,3 Sm

Mittwoch, 13. August 03, 10. Tag: Die Hauptstraße von Faldsled rauf und runter

Der Seewetterbericht verspricht umlaufend schwachwindig, später 6 – 7 Bft., aber was heißt später??? Und wohin könnten wir „schwachwindig“ segeln? Nein, lieber kein Risiko. Wir gehen joggen und entdecken nebenan die kleine Halbinsel mit den hübschen Ferienhäusern. Später, beim Frühstück bleibt es immer noch schwachwindig und da überlegen wir wieder auszulaufen. Immer noch nach Assens? Das Wetter nimmt uns die Entscheidung zum Glück ab, denn innerhalb von 10 Minuten wird aus dem schwachen Wind aus Ost Windstärke 5 – 6 aus West. So etwas habe ich selten erlebt, aber klar, seit gestern Abend ist das Barometer um 5 hPc gefallen.

Nun sichern wir erst 'mal unseren Standort, rollen die Fock fest ein, bergen das Sonnensegel, während sich der Hafenmeister über die Wetteränderung überschwänglich freut und „Windstärke 13“ prophezeit. Alle Dänen sehnen endlich den großen Regen herbei, denn die Waldbrandgefahr ist auf dem ausgetrockneten Boden enorm groß, während wir Urlauber das Wetterglück lieber noch ein bisschen strapaziert hätten. Wochenlang 30° sind doch so schön.


Ralf der Windmesser

Wir spulen das touristische Programm in Faldsled ab: Einmal die Hauptstraße rauf können wir den drei Töpfereien ebenso wenig entkommen wie einen Sparmarkt (kein Brugsen) und einem Campingplatz. Dem Faldsled Kro, tatsächlich eines der Top-Gourmetrestaurants in Dänemark, geht unsere Bordkasse lieber aus dem Weg. Hier kommen sie alle 'mal vorbei, die schönen und die reichen Dänen. Da haben wir nichts zu suchen, wir müssen sehen, wie wir unsere Nudeln aufkriegen.

Heute ist weder eine Yacht aus- noch eingelaufen, am Abend jedoch messen vier Yachten in der überschäumenden Haelnæsbucht ihre Kräfte und segeln eine private Starkwindregatta. Als sie zwei Stunden später in größeren Abständen zurückkehren und wir neugierig die Hafenmanöver beobachten, erleben wir, wie schwierig es ist, bei 6. Bft. von der Seite, ein Boot sicher in die Box zu kriegen. Das gelingt den „Profis“ nur mit Ach & Krach.

Donnerstag, 14. August 03, 11. Tag: Immer wieder Eierbecher und Blumenvasen

Unverändert bläst es mit 7 - 8 Bft. aus West. Noch einmal hat das Barometer eine Rolle rückwärts gedreht und fällt von 1017 auf 1009. Die Haelnæsbucht ist weiß und das flache Wasser scheint zu kochen. Gerade deshalb können wir uns an das morgendliche Sportprogramm gut gewöhnen. Bevor wir starten stretchen wir immer am freistehenden Räucherofen des berühmten Kro.


Faldsled Hafen

Heute laufen wir landeinwärts, lassen uns vom Wind treiben, doch ein Blick zurück lässt uns jäh umkehren, denn eine dunkle Gewitterfront wird gleich ihre Schleusen über dem Hafen öffnen. Ich renne zurück und mit den ersten dicken Tropfen schließe ich das offene Schiebeluk. Wir sind gerettet, Schiff und Besatzung bleiben trocken, doch auch das Gewitter sieht in diesem Moment seinen Irrtum ein, macht den Laden schnell wieder dicht und zieht woanders hin.

Am Nachmittag drängt mich Sabine wieder sanft in eine Töpferei, doch auch hier nichts als schöner Kitsch. Immer wieder Eierbecher und Blumenvasen. Das hatten wir doch gestern schon, Eierbecher und Blumenvasen. Am Strand der Ferieninsel bläst uns der Wind voll ins Gesicht. Bei diesem Wetter draußen auf dem Wasser? Jedenfalls nicht mit unserer „flexibel“. Nach dem zweiten Nudelabend fühlen wir uns genudelt und da der Ort aber auch gar nichts hergibt, besichtigen wir eben den Campingplatz. Ja sicher, der ist bestimmt auch ganz schön, aber so langsam möchte ich hier weg. Der Wetterbericht um 22.05 Uhr will uns diesen Ort aber noch weiter zumuten. Also, Morgen bleibt es bei W-NW 6-7 und erst am Samstag soll der Wind auf 5 abnehmen. Dafür sind dann Schauerböen und 2 m hohe Wellen angekündigt – auch nix für „flexibel“.

Freitag, 15. August 03, 12. Tag: Eingeweht und dafür mit dem Bus nach Svendborg


Traditionshafen Svendborg

Am dritten Hafentag sind wir immer noch eingeweht und wenn wir schon nicht nach Svendborg segeln können, fahren wir eben mit dem Bus dahin! Gute Idee. Und so landen wir natürlich zuerst im Oldtimerhafen und freuen uns über eine wunderschöne Hafenstadt. Viermal bin ich bisher durch den Sund gefahren, doch noch nie war ich hier in der Stadt. Nun endlich. Sabine taxiert derweil die Menschen und erkennt den Skipper eines Bootes, drei Meilen gegen den Wind. Einfach verblüffend: „Pass auf, das da ist sein Schiff“, sagt sie und genau da geht der Mann an Bord. Derselbe Versuch klappt mit einer Frau genau so. Nur unser neues Schiff, das ist Sabine noch nicht begegnet – oder?

Zufällig feiert Svendborg an diesem Wochenende seinen 750. Geburtstag, aber die ganz große Sause läuft leider erst Morgen. Heute bekommt Sabine dafür endlich ihren ...


Pølser rot/grün ...

mit „wenig bis keinen gerösteten Zwiebeln“ zwischen den pappigen Brötchenhälften. Wir halten Rast im stillen Winkel einer Kirche und entdecken einen eindrucksvollen Granitstein, bei uns würde man zu ihm „alter Schwede“ sagen. Unverdienterweise findet Ralf wieder mal ein Schnäppchen zum Anziehen und Sabine geht, genau wie sie es erwartet hat, leer aus. Nicht zum Aushalten. Am Ende sind wir froh, dass wir noch den Bus erwischen weil Sabine beinahe heldenhaft den Bus kurz nach seiner Abfahrt von der Haltestelle mitten auf der Straße zum Halten zwingt, während ich vergesse, in Faldsled rechtzeitig auf's Knöpfchen zu drücken, sodass wir eine Haltestelle zu spät anhalten. Zum Glück sind wir gerade noch rechtzeitig für den 22.05 Uhr Wetterbericht an Bord, doch von einer Wetterberuhigung ist leider noch nicht die Rede.

Samstag, 16. August 03, 13. Tag: Jetzt hält uns auch nichts mehr!

Der Seewetterbericht gibt für Belte und Sund eine Starkwind-, bzw. Sturmwarnung heraus, im Einzelnen jedoch W – NW 5 – 6 abnehmend 4, See bis 1,5 m. Die Aussichten bis Morgen Mittag: NW 4, abnehmend 3.

Wir bleiben gelassen. Bei Sturm oder Starkwind laufen wir nicht aus, Ende. Also wieder neben dem riesigen Räucherofen stretchen und dann finden wir endlich unsere Piste, abseits der Straße, durch den Wald. Danach lassen wir uns viel Zeit mit dem Frühstück. Gegen Mittag laufen die ersten drei großen Yachten aus, alle mit einem Reff im Groß. Das ist natürlich ansteckend, doch der Windmesser zeigt immer noch stolze 6 Bft. an. Eine halbe Stunde später messe ich 5 Bft. und schon geht eine Varianta ebenfalls nur mit gerefftem Groß auf die Reise, aber wo wollen die denn hin? Bei starkem Westwind sinkt der Wasserspiegel im westlichen Teil der Ostse enorm ab und die segeln außerhalb des Fahrwassers? 10 Minuten später müssen die wohl Grundberührung gehabt haben, denn nun erfolgt die überfällige Kurskorrektur und sie kommen so weit zurück, bis sie wieder das Fahrwasser erreicht haben. Glück gehabt. Danach verlässt die 5,5 m kurze „Lisa“ den Yachthafen und jetzt hält uns auch nichts mehr.

In kurzer Zeit ist „flexibel“ segelfertig und diesmal springt der Außenborder sofort an. Endlich geht's wieder los. Zunächst motoren wir in das große Hafenbecken und binden am Achterpfahl ein Reff ins Großsegel. Ein paar Minuten später sind wir im Fahrwasser mit Kurs auf den Kleinen Belt. Der Hafenmeister hat uns vorsorglich gewarnt, dass der Sturm eine Fahrwassertonne losgerissen hatte, die beim Campingplatz angespült worden war. Aber die Spieren, die die wesentlichen Kursänderungen anzeigen sind noch alle im Wasser. Dann klappe ich den Motor hoch und nun segeln wir bei „schlappen 5 Bft.“ auf Halbwindkurs durch die Haelnæsbucht. Plötzlich ein so lauter Knall, als würde das Segel reißen und so was ähnliches ist auch passiert. Auf der Reffleine steht so viel Druck, dass die Klampe aus der angenieteten Verankerung gerissen wird. Mit einem Schlag reißt das Reff auf, knattert das Achterliek und versetzt uns einen gehörigen Schreck. „Wir müssen umdrehen, so können wir nicht weiter segeln“, meint Sabine, aber wir „segeln“ weiter, „das haben wir gleich“. Als wir auf Amwindkurs wechseln, fange ich das Segel wieder ein und bändsele das Reff an die Baumnock. Geht doch!

Inzwischen haben wir zwar immer noch Landabdeckung durch die Inseln der Haelnæsbucht, aber bevor wir das freie Wasser erreichen, schlüpfen wir in Ölzeug, Gummistiefel und Schwimmweste, denn immerhin sind die Wellen bis zu 1 m hoch und das ist für unsere Varianta ein ordentliches Stück Arbeit. Hier, am Ausgang der Haelnæsbucht in den Kleinen Belt, entscheidet sich, ob wir eine Chance haben, die Insel Als nördlich zu umfahren, um vielleicht Dyvig oder gar Sønderborg zu erreichen. Diese Entscheidung ist längst gefallen, denn der starke Wind aus NW lässt diesen Kurs nicht zu. Und je mehr wir die Bucht verlassen desto stärker wird der Seegang. Selbst die Fähre von Bøjden Bro rüber nach Fynshav, die uns eine Weile begleitet, rollt durch den Kleinen Belt.

Hier draußen ist der Seegang noch stärker und die Vorhersage der Wellenhöhe bis 1,5 m wird gnadenlos in die Realität umgesetzt. Gut, dass wir Schwimmwesten tragen, denn „flexibel“ rollt, stampft und krängt sich durch das aufgewühlte Wasser. Wir stehen mehr auf den Seitenwänden der Backskisten, als dass wir sitzen. Dennoch lässt es sich, inzwischen auf Halbwindkurs, einigermaßen verträglich segeln, wenn uns nicht hin und wieder eine „Monsterwelle“ erwischen und durchschütteln würde. Kurze Böen, die sicher im Bereich von 6 Bft. liegen, adeln uns zwar zu Grenzseglern, aber wirklich gefährlich wird es für „flexibel“ nicht. In solchen Momenten ist die Pinne nur schwer zu halten, doch nach einer Weile finden wir mehr und mehr Gefallen an diesem Kurs und als die Böen langsam ausbleiben setzen wir die Fock, damit der Segeldruckpunkt weiter nach vorn verlagert wird. Sofort lässt es sich leichter steuern und das Boot liegt stabiler im Wasser.

Dennoch macht Sabine die ständige Schaukelei überhaupt keinen Spaß und weil Mommark noch nicht auszumachen ist, ändere ich eben unseren Kurs nach Fynshav. Dazu brauchen wir nur der Fähre zu folgen, die weit voraus an Steuerbord schon fast den Hafen erreicht hat. Schnell zaubert die Aussicht auf einen sicheren Hafen wieder eine hoffnungsvollere Farbe in Sabines Gesicht. Nach einer Weile sehen wir bereits die Masten der Boote im Hafen, während die Fähre schon wieder unterwegs nach Bøjden Bro, am Eingang der Haelnæsbucht, ist. Ein paar Minuten später bietet uns die lange Mole Schutz. Die Wellen bewegen uns jedenfalls nicht mehr und auch der starke Wind hat in dieser geschützten Ecke keine Chance, als wir noch in Ölzeug und mit Schwimmwesten anlegen. Ein hübscher kleiner Hafen, freuen wir uns, besonders weil im N.V. Hafenhandbuch steht: „Ein unattraktiver Hafen, der zudem noch durch den Fährverkehr nach Fünen sehr laut ist. Am Hafen ist keine Versorgung möglich.“

Über dem Hafen liegt eine friedliche Samstagabendstimmung. Während des Sonnenuntergangs essen wir im Cockpit, sehen die Männer vor dem Clubhaus sitzen und die Jugendlichen wiederholen rund um den Sanitärbereich dieselben lautstarken Balzrituale „wie das früher auch so war“. 100 m weiter wird am Badestrand ein Lagerfeuer vorbereitet, während sich ein Pärchen in ein auf dem Winterlagerplatz abgestelltes Boot verdrückt. Abends um sieben ist die Welt noch in Ordnung. Samstagabends um sieben??? Wie hat 96 gespielt? Ich frage das Handy – Akku leer, ich versuche irgendeine Nachricht aus dem „Weltempfänger“ zu fischen, doch der geht sofort nach dem Einschalten mit einer Fehlermeldung wieder aus. Also, an und sofort wieder aus. Immer wieder geht das Ding einfach aus. Ich könnte das kleine, teure technische Wunderwerk an die Wand klatschen, doch das meldet immer wieder error! Dann dringen doch ein paar Sekunden Bundesligaergebnisse durch, „…kusen 0:4, error“, höre ich gerade noch und das reicht, 4 : 0 in Leverkusen verloren. Scheiß Radio.
Samstag
    

16. August
    

Faldsled
    

1010 hPc

Wind aus Nordwest
    

5 Beaufort
    

22°
    

Wetter

Auslaufen Faldsled
14.45 Uhr
    

Festmachen Fynshav
18.15 Uhr
    

Gesegelte Meilen
11,5 Sm
    Gesamtdistanz
88,8 Sm

Sonntag, 17. August 03. 14. Tag: „Alle Wetter“ auf der Heimreise, von 0 – 5 Bft.

Der Seewetterbericht für Belte und Sund sowie für die Westliche Ostsee: Südost 3, später Südwest 3 -4.

Ein fröhlicher Hafenmeister begrüßt uns mit einem gut gestylten Flyer über seinen Hafen. Na und sein Bruder hat als Marineflieger die gestochen scharfen Luftaufnahmen beigesteuert. Ja, auch aus der Luft macht Fynshav eine gute Figur! Doch das alles hilft leider erst jetzt gegen den Verlag „Nautische Veröffentlichung“ aus Arnis, die den Hafen viele Jahre lang „…schlecht geschrieben“ hat. Erst im nächsten Hafenhandbuch wird Fynshav so angenehm beschrieben, wie es ist. Viele Segler hatten sich zunächst protestierend bei der „Hanseboot“ und später mit einer Postkartenaktion an den N.V. Verlag gewandt. Der inzwischen siegreiche Federkrieg markiert denn auch das Ende einer ungerechtfertigten Kritik. Nächstes Jahr kommt Fynshav auch bei der N.V. gut weg und dann können alle wieder zu frieden sein.

Heute wollen wir von Fynshav zurück an die Schlei segeln, doch vorher werden wir unsere letzten dänischen Kronen bei Brugsen lassen. Sabine gelingt dabei das Kunststück, bis auf 4 Cent alles sinnvoll auszugeben. Auf dem Rückweg genießen wir noch einmal den Blick rüber nach Fünen, Lyø und Ærø. Dabei macht der Bilderbuchsonntag seinem Namen alle Ehre und das Frühstück im sonnigen Cockpit ist einfach perfekt. Vor dem Auslaufen noch schnell ein paar Fotos, dann sind wir auf Heimatkurs.

Wellen und Dünung sind verschwunden, nur ein leichter Südost treibt uns auf Amwindkurs dicht unter der Küste lang. Gelegentlich setzt der Wind ganz aus, manchmal treiben wir dicht am Ufer vorbei, winken Schwimmern zu und haben alle Mühe, Mommark zu passieren - von Mommark aus geht im Sommer die Fähre nach Søby auf Ærø. Direkt vor dem Hafen müssen wir unseren Kurs ändern, und nun beginnen wir zu kreuzen. Wenig später frischt endlich der Wind auf und damit kommt Leben in die Bude. Immer wieder müssen wir wenden, weil uns der inzwischen südliche Wind zunehmend das „Leben“ schwer macht. Warum kommt der Wind so oft aus der Richtung, in die wir segeln wollen?


Vor der Küste von Als

Je mehr wir uns von Poelshuk, der südöstlichen Spitze der Insel Als, entfernen, desto mehr nähern wir uns der angelschen Küste. Im Gegenlicht erkennen wir wie eine Bleistiftspitze den Leuchtturm von Kalkgrund, und weiter südlich den inzwischen „erloschenen“ Leuchtturm Falshöft. Im letzten Jahr mussten wir vor dieser Küste bis auf die letzte Minute bangen, ob wir nicht doch noch von heftigen Böen erwischt werden. Heute ist das nicht zu befürchten, obwohl Wind und Welle zugenommen haben und wir jetzt bei ca. 4 Bft. aus Süd angekommen sind. Immerhin haben wir ca. 1 m Welle, doch das ist für die Varianta excellentes Segelwetter. Aber die Reise Richtung Schleimünde zieht sich dennoch in die Läääääännnge. Das GPS zeigt um 18.00 Uhr immer noch zwei Stunden Fahrzeit und wir kneifen Höhe, damit wir nicht mehr kreuzen müssen. Je mehr wir kneifen, desto langsamer werden wir und eine Meile vor Schleimünde reißt die viel zu sportliche Geduld.

Als wir vor der Küste beinahe stehen bleiben, bergen wir in der zunehmend aufgewühlten See endlich die Segel, werfen den Motor an und lassen uns von 5 PS Richtung Schleimünde schieben. Dass wir dabei erstmals eine andere Yacht überholen gerät zu einer großartigen, aber leise nach innen gerichteten Jubelfeier, denn die werden uns wenigstens keinen Liegeplatz wegnehmen. Den inneren Triumph bestraft Rasmus sogleich mit Motorgeheul, denn wir rollen so heftig, dass Heck und Schraube immer wieder mit Gejaule aus dem aufgewühlten Wasser steigen. Endlich begreife ich, dass der Motorschlitten vollständig abgesenkt werden muss, damit die Schraube nicht aus dem Wasser steigt und danach ist endlich Ruhe im Schiff. Als wir Schleimünde passieren stecken wir die Positionslichter an, überholen vor der Hafeneinfahrt von Maasholm einen weiteren Segler, weil die Crew erst hier sportlich, sportlich, die Segel birgt und finden den letzten freien Platz in der Ecke, wo wir schon so oft lagen. Nur einen eigenen „Landanschluss“ können wir nicht herstellen und klinken uns bei anderen Yachties mit in die Steckdose ein. Lange nach dem Ankommenssherry motort die draußen von uns überholte Yacht, auf der Suche nach einem freien Stegplatz vorbei, aber mit Sicherheit findet auch dieses Boot in Maasholm noch Unterschlupf.

Sonntag
   

17. August
   

Fynshav
   

1012 hPc

Wind aus Südost - Süd
   

1 - 5 Beaufort
   

24°
   

Leicht bewölkt,
Sonntagswetter

Auslaufen Fynshav
12.30 Uhr
   

Festmachen Maasholm
21.00 Uhr
   

Gesegelte Meilen
24,5 Sm
   

Gesamtdistanz
113,3 Sm

Der für Maasholm schon traditionelle nächtliche Spaziergang „De Maas Rond“ gerät an diesem Abend in schwere See. Vielleicht sind wir bereits zu lange auf so engem Raum unterwegs, jedenfalls liegt in jeder Bemerkung Zündstoff und die sich überraschend aufschaukelnde Spannung kann niemand von uns abwettern. Was ist nur los? Verliert Maasholm seinen magischen Zauber wenn die meisten Menschen bereits schlafen? Vielleicht zaubern wenigstens der Mond und die vielen Ankerlichter, die sich im Noor spiegeln, „ein bisschen Frieden“ in die vorübergehend gestörte bilaterale Beziehung, denn selbst Hans Blix würde auch bei uns keine Massenvernichtungswaffen finden. Beinahe wortlos & angefressen kriechen wir in die Koje.

In dieser Nacht kann ich kaum schlafen. Immer wieder geht mir der Stress durch den Kopf, der sich wesentlich aus der Enge an Bord ergibt. Das ist unser Sommerurlaub? Immer wieder laufen wir viel zu spät aus, weil wir ständig unser Gepäck hin- und herschieben müssen. Jedes Sieb, jede Dose muss so sorgfältig in die kleinen Container gestaut werden, damit es unter der Luke durchpasst. Wir kriegen das prima hin, aber das dauert und nervt natürlich. Wenn wir essen wollen wechselt das Gepäck aus der Hundekoje nach vorn, und zurück, wenn wir schlafen wollen. Keine Freude für Sabine und beim Kochen ist es sowieso im Weg. Der Spirituskocher wird beim Anzünden zum Flammenwerfer und die eigene „Haltung“ ist schon ziemlich erniedrigend. Stehen kannst Du nur draußen. Kein Wunder, dass wir Stress miteinander haben, aber wie kommen wir da raus?

Da hält sich doch schon jetzt die Vorfreude auf den nächsten Urlaub mit „flexibel“ in den Grenzen von 6,5 x 2,1 m. Gut, in einigen Jahren wollen wir ein größeres Schiff kaufen, aber warum sollen wir nicht schon jetzt wenigstens so eine Yacht besichtigen? Vielleicht hilft uns ja die Vorfreude über die Runden. Gute Idee. Wenn wir morgen nach Kappeln fahren, klopfen wir bei Bavaria an. Bei „ baltic yachting“ werden wir unsere schöne neue Welt besichtigen. Hoffentlich wird Sabine ebenfalls begeistert sein und im nächsten Sommer wieder mit mir segeln. Halbwegs zufrieden schlafe ich endlich ein, hoffentlich geht das gut.

Montag, 18. August 03. 15. Tag: Bei „ baltic yachting“ beginnt eine neue Geschichte.

Der Wetterbericht für die Westliche Ostsee: Ost bis Südost 5 - 6

Frühsport ist angesagt. Morgens um 9.00 ist weder von den 5 Bft. etwas zu spüren, noch kann sich der Regen entscheiden, seiner Beschäftigung nachzugehen. Also laufen wir vom Yachthafen bis an die Ostsee und zurück. Eine wunderbare Strecke auf dem Deich, heute jedoch mit eingetrübter Fernsicht. Wo ist der Sommer, denn beim Abstretchen setzt langsam der Regen ein, doch eine halbe Stunde später ist alles wieder trocken.

Als wir ablegen steht der Wind mit 5 Bft. genau auf dem Heck und das Manöver scheint ganz schön schwierig. Voller Konzentration auf die eigenen Leinen, Ruder und den Außenborder übersehe ich eine reinkommende Yacht, die zum Glück vor uns in eine Box geht und deshalb rutschen wir doch ohne Störung raus. Vor der Hafenausfahrt rollen wir die Genua aus und lassen uns nach Kappeln schieben. Wieder einmal reihen wir uns in den Gänsemarsch der schleiaufwärts fahrenden Yachten ein. Bis zur neuen Klappbrücke in Kappeln sind es ca. 40 Minuten und die kleinen Warteschleifen vor der Brücke sind uns längst vertraut. Gleich nach der Brücke machen wir um 14.00 Uhr im Stadthafen fest.
 
Montag
   

18. August
   

Maasholm
   

1017 hPc

Wind aus Ost
   

5 Beaufort
   

24°
   

Bewölkt und regnerisch

Auslaufen Maasholm
13.15 Uhr
   

Festmachen Kappeln
14.00 Uhr
   

Gesegelte Meilen
3 Sm
   

Gesamtdistanz
116,3 Sm

Landfein wagen wir uns zu neuen Ufern. Wir sind gespannt, ob wir „einfach so“ eine neue Yacht besichtigen dürfen, doch Herr Dierksen von baltic yachting komplimentiert uns kurzerhand in sein Auto und schon sind wir zum neuen Steg hinter dem Museumshafen unterwegs. Die 32er Bavarias sind z.Zt. leider unterwegs, aber eine 38er können wir natürlich gern besichtigen. So landen wir blitzschnell in der wunderbaren Welt der z.Zt. wohl modernsten Yachtwerft. Die 38er Bavaria kommt uns groß wie ein Fußballplatz und unter Deck wie eine Eigentumswohnung vor. Alles riecht niegelnagelneu und stellenweise klebt sogar noch die Folie an den Fenstern. 80.000 € kostet dieses „Sportgerät“, lernen wir und gleich gegenüber, entspricht die gebrauchte 30er Sunbeam, wohl eher unserer Preisklasse. „Die kaufen wir“, höre ich überraschend meine Frau, „…warum sollen wir noch warten?“ Interessant, das Cockpit viel geschützter als auf der 38er erscheint uns dieser „Oldtimer“ viel schiffiger und auch das Teakdeck verfehlt seine optische Wirkung nicht. Unter Deck löst sich dieser Eindruck leider sofort in Luft auf. Völlig verwohnt schreit die Sunbeam unter Deck nach einem Refit .

Nachdem wir uns, ich konnte Sabine ja gerade noch bremsen, ohne Kaufvertrag von Herrn Dierksen verabschieden ist der Stress des letzten Abends vergessen und nun liegt wunderbarerweise Aufbruchstimmung in der Luft. Hatte Sabine nicht soeben gesagt, „…die kaufen wir“ und damit die Tür für ein größeres Schiff aufgestoßen? Meine Gedanken stehen Kopf und nun wird der Weg das Ziel, „…na klar, morgen können wir bei der Etapvertretung in Schleswig noch eine Besichtigung machen“. „Auf jeden Fall“, signalisiert Sabine spontan ihr Interesse, lässt aber die schönen bunten Bavariaprospekte gleich im nächsten Restaurant liegen.

Eine Bavaria wird es also nicht, entscheidet meine Frau damit auf ihre Weise, aber für ein paar Fotos reicht es noch, dann sind wir mit Kappeln fertig. In dieser Nacht schlafe ich selig, tief und fest und selbst die in Seglerkreisen so berühmten Rippchen aus der Kappelner „Bierakademie“ bringen mich nicht um die nächtliche Ruhe.


Downtown Kappeln

Dienstag, 19. August 03, 16. Tag: Rolling home

Der Wetterbericht für die Westliche Ostsee lässt sich auf die Schlei übertragen: Südwest bis West 3 – 4.

Heute übernimmt die Skipperin mutig die Pinne und motort uns lässig aus dem Hafen. Es geht „nach Hause“ und wie so oft kommt der Wind – wenn er denn überhaupt kommt - aus der Richtung, in die wir segeln wollen. Doch bevor wir die Segel setzen, gilt es für den etatmäßigen Skipper allerhand Geduldsproben mit seiner Skipperin zu überstehen. Nein, die Segel setzen wir erst, wenn dieses und jenes Boot durch ist, dann kommen noch Ruderer, noch eine Yacht und plötzlich sitzen wir in der Klemme, weil das Fahrwasser enger wird und uns der Wind bereits kräftiger um die Ohren pfeift. Aber immerhin segeln wir die Tonnen aufwärts. Schleswig, wir kommen.

Wir passieren Arnis mit der Schleiperle und haben bald die Schifferkirche achteraus. Hier kommt der Südwest über das flache Land und übers Wasser daher und der weht eher mit 5 Bft. als mit 4. Sofort schiebt „flexibel“ kräftig Lage. Die Genua muss runter und gegen die Fock gewechselt werden, wir haben einfach zu viel Tuch drauf. „Bleib am Wind“, rufe ich Sabine zu und habe da vorn alle Hände voll zu tun. Endlich ist die Genua runter. Als ich die Fock anschlage merke ich, dass wir durch den Wind drehen und auf ein Flach zutreiben. In diesem Moment mutiere ich von der „heimlichen zur lautstarken Leitung“, doch das beeindruckt Sabine überhaupt nicht. Sie bleibt dabei, hat alles richtig gemacht und ich soll mal schön ruhig bleiben!

Wir segeln die Schlei aufwärts. Heute sind viele Segler unterwegs. Na und 4 bis 5 Bft. von vorn zwingen uns, immer wieder zu kreuzen, immer wieder auf die anderen Boote achten, immer wieder der Blick nach der Wassertiefe in der Karte, denn beim Kreuzen nutzen wir jeden Meter. Wieder einmal düsen wir zwischen Sieseby und Karschau hin und her und haben bald die Klappbrücke von Lindaunis vor uns. Schaffen wir es noch bis „viertel vor Voll“? Wohl kaum - oder hilft der Motor? Also, auch noch den Motor an und mit doppelter Kraft zur Brücke. Wir schaffen es und dürfen zur Belohnung sogar noch ein paar Warteschleifen drehen, weil ein großer Ausflugsdampfer die volle Breite für sich allein beansprucht. Dann sind wir durch und bis Schleswig haben wir nur noch den Wind gegen uns.


Klappbrücke Lindaunis

Doch der treibt wieder einmal seine Späße. Mal lässt er nach, bleibt ganz weg und kommt dann wieder mit 4 Bft. „um die Ecke“. Voller Konzentration und immer dem Wind auf der Spur vergesse ich einmal, auf die Wassertiefe zu achten und schon rumpelt das Schwert über den Grund. Na klar, da drüben verkündet eine Tonne auch noch dick und breit „Achtung Untiefe“. „Na, Seemann, was haste dir dabei gedacht“, komme ich mit mir selbst ins Gespräch, während wir uns langsam der Missunder Enge nähern. Diesmal wollen wir durch das enge Fahrwasser kreuzen – der Motor ist tabu! Bei dieser Übung sind wir einsame Spitze, denn schleiauf- und schleiabwärts fahren alle anderen Boote unter Motor – alle, nur wir nicht.

Doch am Brodersbyer Noor müssen wir unseren sportlichen Ehrgeiz aufgeben. Der Wind fällt aus allen möglichen Richtungen über uns her und zum Schiffe versenken haben wir keine Lust. Es ist einfach zu wenig Platz, es sind zu viele Boote und der Wind bleibt in dieser Düse unberechenbar. Also rollen wir die Fock ein, bergen das Groß und lassen uns von unserem knatternden Zweitakter durch die Missunder Enge schieben. Als sich die Schlei schließlich zur Großen Breite öffnet kommt langsam das Ende unserer Seereise in Sicht. Die hässliche Zuckerfabrik und der Wikingturm dominieren bereits von hier aus die Landschaft, aber auch der Schleswiger Dom mischt sich in das Panorama, doch bis dahin sind noch einige Meilen zurück zu legen.

In der Großen Breite kommt der Wind natürlich wieder genau von vorn. Eigentlich müssten wir den Wind zum Freund haben, doch sein „freundschaftliches Angebot“ besteht heute lediglich darin, beständig und ohne Zicken aus einer Richtung zu wehen. So kämpfen wir uns gegen konstant 4 – 5 Bft. zur Stexwiger Enge vor. Jeden Meter der Großen Breite nutzen wir für unseren Amwindkurs, aber auch für die Stexwiger Enge benötigen wir kurzzeitig Motorunterstützung. Für die Kleine Breite reicht ein Schlag nach Norden und danach können wir konstant der Uferlinie bis vor die Haustür der alten Wikingermetropole Haithabu folgen. Hier kreuzen wir vorsichtig ins Fahrwasser zurück, bis uns eine Rassy demonstriert, wie tief das Wasser am Ende der Schlei überall ist. Mit unseren 70 cm können wir uns hier gut bewegen, passieren die Möveninsel, geraten beinahe ins Optitraining des Schleisegelclub Schleswig, bergen die Segel und lassen uns vom E-Motor langsam an den Steg manövrieren. In die einzig freie Box passt die kleine „flexibel“ gerade so eben rein. Wo hat es das schon mal gegeben?
 Wieder "zuhause" im SSC

Dienstag
    

19. August
    

Kappeln
    

1010 hPc

Wind aus Ost
    

4 - 5 Beaufort
    

21°
    

Bedeckt

Auslaufen Kappeln
12.00 Uhr
    

Festmachen Schleswig
18.15 Uhr
    

Gesegelte Meilen
22 Sm
    

Gesamtdistanz
138,3 Sm

Wir sind wieder angekommen. Auto und Trailer sind wohlauf, freue ich mich, denn um den Trailer habe ich mir wirklich Sorgen gemacht, weil einige kriminelle Zeitgenossen gern ihre abgelatschten gegen neue Reifen „recyclen“. Natürlich ist der Trailer in dieser Zeit mit einem Schloss gesichert, doch die Räder kann man auf einem öffentlichen Parkplatz leicht demontieren. Hast du schon mal jemand bei 'ner Reifenpanne gefragt, ob er auch der Besitzer ist? Siehste! Beim Hafenmeister ordern wir einen Krantermin für den übernächsten Tag und haben damit hinreichend Zeit für unseren Lieblingshafen Schleswig. Nirgendwo haben wir uns so wohl gefühlt wie hier. Morgen steht noch das Schloss Gottorf auf unserem Programm und dann müssen wir bei Renz unbedingt eine Etap besichtigen.

Heute Abend entführen uns die Hafenfahrräder jedoch in die Vergangenheit von Schleswig. Quer durch die alte Stadt verlieren wir uns immer mehr in Straßen, Wegen und Gassen, bis wir schließlich Wegen folgen, die am Wasser enden oder so schmal werden, dass wir nicht einmal die Fahrräder hindurch schieben können. Also wieder zurück und dabei landen wir durch Zufall im Kloster, umkreisen den von malerischen Fischerhäusern und von Linden umsäumten Friedhof mit der Kapelle im Zentrum von Holm oder lassen uns von Halbmond und Sternen in der Schlei versilbern.

Nach dieser magical mystery Tour können die verzauberten Seeleute wunderbar schlafen. Dabei sind sie sogar ein bisschen ärgerlich darüber, dass sie diese Ecke nicht schon früher entdeckt haben, obwohl sie längst einiges über den Holm wussten, z.B., dass „der Holm“ - was ja auf skandinavisch Insel heißt – erst 1933 mit der Stadt Schleswig verbunden wurde. Bis dahin war die Fischersiedlung von Wasser umgeben: Im Norden durch das Holmer Moor, im Westen und Osten durch zwei in die Schlei mündende Bäche. Vielleicht ist es aber auch ganz richtig, für spätere Reisen noch einige Überraschungen aufzusparen, träumen wir. Haithabu z.B., da müssen wir nächstes Jahr unbedingt hin.

Mittwoch, 20. August 03, 17. Tag: Von der 30ziger Etap zu gepanzerten Limousinen

Nach dem Frühstück in der Sonne radeln wir von der Stadt auf die andere Seite der Schlei. Endlich wollen wir eine Etap kennen lernen. „Ne 30er vielleicht oder 'ne 32er“, fragen wir Herrn Renz, doch der hat eigentlich am Mittwochnachmittag geschlossen, „…ich bin nur noch ganz allein hier, alle anderen sind schon weg!“ Aber dann dürfen wir trotzdem in eine frisch überholte 30er Etap klettern, die zum Verkauf steht. Wir sind begeistert. Der Salon ist so hell und die Raumaufteilung so gelungen, dass Sabine beinahe schon vertragsreife Fragen an Herrn Renz richtet, z.B. ob hier auch gleich der passende Liegeplatz mitgeliefert wird? Herr Renz, in diesem besonders schweren Fall lieber auf der Metaebene zuhause denn als Kaufmann, empfiehlt Sabine, vor einer Kaufentscheidung eine Yacht für mindestens zwei Wochen zu chartern. "Dann haben Sie einen Eindruck davon, ob Ihnen dieses Boot passt. Im positiven Fall können wir dann die Chartergebühren mit dem Kaufpreis verrechnen". „Hier geht es um 62.000 € Sabine“, versucht Ralf seine abgehobene Frau wieder einzufangen. „Also gut, lassen wir uns noch Zeit", tragen wir uns in die Liste der Charteryachtinteressenten ein und verabreden uns, wie schon mit Herrn Dierksen von Bavaria nun auch mit Herrn Renz für die nächste Hanseboot Ende Oktober.

Danach radeln wir fünf Minuten bis zum Schloss. „Schloss Gottorf“ liegt auf einer Insel im innersten Winkel der Schlei, eines Meeresarms der Ostsee, der eine natürliche Landsperre bildet. Nach Westen hin erstreckten sich bis in das 19. Jahrhundert ausgedehnte Sümpfe, so dass Gottorf, auf einem schmalen Streifen Festland gelegen, bereits im Mittelalter als »Schlüssel und Riegel des ganzen Dänemark« bezeichnet wurde. Seit 1161, als der Schleswiger Bischof Occo seinen Sitz auf diese strategisch günstig gelegene Insel verlegte, ist hier eine Burg bezeugt“, berichtet der hauseigene Kurzführer, der uns durch das Schloss und die wechselvolle deutsch dänische Geschichte begleitet.

Tatsächlich tauchen gemeinsam mit uns Schulklassen, dänische Reisebusladungen und ganz normale Touristen in die Vergangenheit ein. Während also drinnen um viel zu kurze Hosen und zu dicke Bäuche, der Mantel der Geschichte weht, fahren draußen gepanzerte Limousinen vor. Naja und die heute vielleicht nicht mehr ganz so blaublütigen, aber nun mal von den Schleswig Holsteinern gewählten, hochkarätigen Repräsentanten eröffnen eine so wichtige Ausstellung, dass ich, als selbst ernannter Delegierter niedersächsischer Kulturschaffender, trotzdem draußen bleiben muss. Jedenfalls darf ich, auf der Suche nach einer Toilette, nur für einen kurzen Moment den Zipfel des teuren Buffets anschmachten, als mich eine der vielen hübschen, in schwarzweiß gekleideten Landestöchter, freundlich auffordert, das Weite zu suchen.

Das finden wir denn auch, beinahe vom Mantel der Geschichte erschlagen, zwei Stunden später draußen wieder. Auf klebrigen Stühlen, unter den riesigen Linden des Schlosscafé beamt uns ein Eis zurück in die Gegenwart. „Wir müssen ja noch den Mast legen“, erinnern wir uns an die unangenehmen Verpflichtungen am Ende des Segelurlaubs. Aber den Mast kriegen wir locker runter und ruckzuck ist „flexibel“ fertig zum Kranen, sind die meisten Gepäckstücke schon wieder im Auto verstaut. Mit Herrn Biel, lernen wir nebenbei wieder einen anderen zuvorkommenden Hafenmeister aus der Pensionärsriege des Schlei Segelclub kennen und zufällig läuft uns auf dem Steg wieder Herr Renz „über den Weg“ und da holt uns das Gefühl ein, irgendwie wohl doch zu dieser Segelwelt zu gehören .

Der kulinarische Tipp des Hafenmeisters, der von einigen Clubkameraden und der Clubwirtin geteilt wird, „…im nächsten Jahr essen sie hier im Club, dann haben wir unser Restaurant auch so weit“, wird zum Volltreffer. Im „Senatorkroog“ am Rathausmarkt lassen wir in aller Ruhe unseren Urlaub ausklingen, während ein kräftiger Regenschauer die Gäste von draußen ins Haus spült. Vor allen Dingen die Yachtbesichtigungen der letzten Tage beschäftigen uns so sehr, dass bereits erste Finanzierungsmodelle auf dem Bierdeckel den Kurs in eine andere Zukunft abstecken. „So ein Quatsch, das können wir uns jetzt nicht leisten“, bezweifeln wir im nächsten Moment schon wieder unsere Rechenkünste, „Wir möchten bezahlen…“, signalisiere ich der Kellnerin.

Donnerstag, 21. August 03, 18. Tag: Abschied von Schleswig

Trotz des nächtlichen Regens kündigt sich ein angenehmer Spätsommertag an. Bereits um 7.00 Uhr steht das am Vorabend vorbereitete Frühstück auf dem Tisch und wenig später verholen wir zum Kran damit wir „flexibel“ um 9.00 Uhr auf den Trailer hieven können. Schnell tausche ich noch die Bord- und Autobatterie gegeneinander aus, damit die Bordbatterie während der Autofahrt wieder vollständig aufgeladen wird. Herr Biel, der Hafenmeister ist bereits da, aber das Kranen erledigt ein anderer „Kollege“ aus dem Segelclub.


Nach Hause

Das Kranen ist in allen Yachthäfen oft mit viel Aufregung verbunden, weil natürlich jeder „Kranführer“ während dieser 5 – 10 Minuten die wichtigste Person der Welt ist. Manche Kranführer mutieren zu Kommandeuren, die absolut keinen Widerspruch dulden, andere zu Künstlern, die voller Inspiration ihr Werk verrichten und wieder andere, von der Leichtigkeit des Seins für ihr Leben gezeichnet, vertüddeln kunstvoll die Gurte und schieben dies gnadenlos dem armen Skipper in die Segelschuhe. In diesem Fall muss ich den Trailer wieder aus dem Schwenkbereich hinausfahren und darf den Trailer erst unter das Boot rangieren, als „flexibel“ an Land schwebt. Für diese Übung braucht man zwar eine Person mehr, aber Herr Biel steigt bereitwillig in die Arbeit mit ein.

Da hängt nun unsere „flexibel“ in den Gurten, aber wie sieht das vor drei Wochen in der Werft frisch gesandstrahlte, gespachtelte und gestrichene Unterwasserschiff aus? Beinahe an denselben Stellen sind wieder dicke Roststellen am Gusskiel aufgebrochen und für deren Beseitigung haben wir vor drei Wochen 450 € hingelegt? Wir sind stinksauer und werden „flexibel“ natürlich wieder bei der Werft vor die Tür schieben. So was darf einfach nicht sein, ärgern wir uns am Abreisetag über die rostige Entdeckung.

Nun aber zurück zu Herrn Biel, der mich schon gestern auf seine 35ziger Nordship neugierig gemacht hat. Eine Decksalonyacht, wie sie schöner nicht sein kann, finden wir bei der anschließenden Besichtigung. Wir staunen nur noch über dieses „Raumschiff“. Vergessen sind in diesem Moment Bavaria, Sunbeam und Etap, nun muss es eine komfortable Nordship sein. An Bord gibt es ein beinahe luxuriöses Schlafzimmer, eine luftige Sitzecke im Decksalon, einen richtigen Kühlschrank und überhaupt die Küchenzeile unterscheidet sich kaum von der bei uns zuhause, staunen wir über die ca. 160.000 € schwere Yacht. Ein wenig relativierend klärt uns Herr Biel über seine Schiffskarriere, von der Jolle am Plöner See und vielen anderen Bootsstationen bis zur Dehler und eben zuletzt dieser Nordship auf. „Bevor sie von der Varianta auf eine 35ziger umsteigen, sollten sie noch einen Zwischenschritt machen“, formuliert Herr Biel schon mal unseren neuen Kurs.

Der Abschied von Schleswig fällt uns noch schwerer als im letzten Jahr. Nicht nur weil die Bootsbatterie durch den bereits im Auto angeschlossenen Kühlschrank schon vor dem Start platt ist sondern weil wir in den Tagen zuvor die Immobilienschaukästen der Banken und Makler besichtigt haben und dabei überraschenderweise auf finanzierbare Anwesen mit Seegrundstück und Bootssteg gestoßen sind. Ein Haus ist dabei, das ziemlich genau unseren Wunschvorstellungen entspricht. Würden wir unser Haus günstig verkaufen, könnten wir uns vom Erlös dieses Haus und dazu noch eine Yacht leisten. Klammheimlich haben unsere Gedanken also zeitweise ein ganz neues Fenster aufgemacht, wollen wir uns einfach noch nicht von Schleswig verabschieden. Doch je weiter wir auf der Autobahn in den tiefen Süden vorstoßen holen uns die sozialen, emotionalen & heimatlichen Beziehungen in unsere „Großfamilie“ und zur Arbeit wieder ein. Damit sind wir untrennbar mit Hannover verbunden, freuen wir uns doch wieder auf unser zuhause und das Wiedersehen.

Bis dahin sind es allerdings noch rund 70 km, als Sabine plötzlich am Steuer von der Hupe eines LKW so richtig erschreckt wird. Mit dem Trailer hintendran wird das Autofahren an einem Werktag auch für die anderen Verkehrsteilnehmer eine echte Geduldsprobe. Viele LKW könnten locker 120 km/h hinlegen, sind aber durch das totale Überholverbot auf dem langen zweispurigen Stück der A 7, zwischen Soltau Ost und dem Walsroder Dreieck, zum Rechtsfahren gezwungen. So „stauen“ wir mit Tempo 80 an die 40 LKW hinter uns, die nach Aufhebung des Überholverbots an uns vorüber rauschen. Dass der erste LKW-Fahrer dann ziemlich entnervt hupt darf uns eigentlich nicht überraschen. Im nächsten Jahr werden wir lieber wieder das Wochenende für die Hin- und Rückreise nutzen.